■ Radiocheck
: Das Grün, Madame

Heute: Das Grün, Madame. „Empfinden Sie den Zwang der Natur zum Grün?“ fragt der von Schwermut gezeichnete Gärtner die Tänzerin. Die Farbe der Sonne, erklärt Tristram Blancheflor, sei lediglich die Tarnfarbe der Illusion.

Das Hörspiel Das Grün, Madame von Marianne Sula, eine Produktion von DLR Berlin und dem NDR, wirft den Hörer in Gärten, Träume und Welten voller Trugbilder, die von Begierde und Gefangenschaft bestimmt sind. Die homoerotische Beziehung zwischen Tristram, dem herrischen Narzißten, und seinem gezähmten Spiegelbild Hyazinth wird mit dem Auftauchen Blancheflors zu einer „ménage à trois“: Wie eine Laterna Magica entsteht und lebt sie in der Einbildungskraft Tristrams, der versucht, das Vorüberfließen der Zeit für einen Augenblick in einem Tableau wirkungsvoll gruppiert anzuhalten.

Peter Michael Hamel, Komponist und Dozent an der Hamburger Musikhochschule, schrieb die Musik und führte die Klangregie, die die Töne minimalistisch und klar einsetzt. Das Hörspiel ist ein artifizielles, üppiges Stilleben, das mit seiner textlichen und farblichen Klanglichkeit in den Bann zieht, auch wenn die poetische, manierierte Sprache manchmal ihrem eigenen, hermetischen Rausch verfällt.

„Eine Schrift, nahe dem Sinn, zeigt sich im Flug der Vögel“, behauptet Tristram, und an einigen Stellen des mit kulturellen Versatzstücken gespickten Textes wäre ein Kundiger in der Deutung des Vogelfluges wünschenswert.

Iris Drögekamp

Übertragung: 20 Uhr, NDR Radio 3 auf 99,2 MHz.