ABM verschweigt man lieber

betr.: „Das andere der Arbeit“ von Hannes Koch, taz vom 19.11.98

[...] Das hat man alles schon einmal gelesen. Und auch da hat es nicht gestimmt. Viele ehrenamtliche oder bürgerschaftliche Tätigkeiten sind gar nicht über Geld zu organisieren. Kirchen, Feuerwehr, Schulpflegschaft oder Sportvereine leben davon, daß sich dort Menschen engagieren, die nicht nur materiellen, sondern auch ideellen und sozialen Nutzen aus ihrer Zusammenarbeit haben. [...] So mancher Verein kann davon ein Lied singen, wie ABM ehrenamtliche Aktive verdrängt haben, mit dem Ergebnis, daß man das Eigenengagement der Nutzer nach spätestens zwei Jahren nicht mehr wiederfinden konnte.

Die Dauerinstallierung eines solchen Billigarbeitsmarktes für Arbeitslose würde die schlechten Erfahrungen mit ABM und ähnlichen Programmen festschreiben. Arbeitsmarktpolitik ist extrem anfällig für Stimmungsmache. ABM wird bei jeder Finanzkrise mit billiger Polemik gegen die ABM-Kräfte zusammengestrichen und alle vier Jahre im Wahlkampf kurzfristig hochgefahren. Ein ABM-Arbeitsplatz erfüllt nur die Minderheit der ABM-Kräfte mit dem Gefühl: Ich werde gebraucht. ABM verschweigt man lieber. Auf ABM läßt sich keine berufliche und soziale Existenz aufbauen, in ABM-Zeiten gründet man besser keine Familie, setzt frau besser kein Kind in die Welt. Und wer lange arbeitslos und verschuldet ist, dem hilft der 80prozentige ABM- Lohn nicht auf die Beine. ABM kann einen Einstieg ins Berufsleben bereiten, nicht mehr. Wer dauersubventionierte Arbeitsplätze will, der will nicht an die Umverteilung von Arbeit, Freizeit und Einkommen rangehen – wie kann man da erwarten, daß er die Steuern für die neuen Subventionen dauerhaft durchsetzen kann? [...] Arnold Voskampf, Arbeitslosenzentrum, Münster

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.