Gute Absichten, andere Ansichten

Ignatz Bubis und Klaus von Dohnanyi legen ihren Konflikt im Walser-Streit bei – formal. Inhaltlich aber können sie sich zu keiner Annäherung durchringen  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Geplant war eine öffentliche Versöhnung – herausgekommen ist allenfalls die formale Beilegung eines Konflikts: Auf getrennten Pressekonferenzen kündigten gestern in Bonn der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, und der ehemaligen Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi an, ihre Worte künftig sorgfältiger wählen und sich persönlich nichts mehr nachtragen zu wollen. Gleichzeitig aber machten sie deutlich, daß sie in der Sache weiterhin unterschiedliche Ansichten vertreten.

Auslöser des Streits, der in den letzten Wochen über die Medien ausgetragen wurde, waren unterschiedliche Bewertungen der umstrittenen Rede des Schriftstellers Martin Walser über den Umgang mit der deutschen Vergangenheit. Er hatte darin vor einer Instrumentalisierung von Auschwitz als „Moralkeule“ gewarnt. Die Auseinandersetzung hatte rasch an Schärfe zugenommen und gipfelte auch in persönlichen Vorwürfen. Bubis und Dohnanyi räumten gestern beide ein, sich „mißverständlich“ geäußert zu haben.

In einer dürren Presseerklärung teilten sie mit: „Mit dem Bedauern dafür, daß diese Vorwürfe überhaupt gemacht wurden, wollen beide dafür sorgen, daß die wichtigen Fragen, die der Debatte inhaltlich zugrunde liegen, in gemeinsamer Verantwortung und in gegenseitigem Respekt diskutiert werden können.“ Diskussionsbedarf gibt es auch weiterhin. Bubis hatte Walser „geistige Brandstiftung“ vorgeworfen. Gestern betonte er: „Ich habe nichts zurückzunehmen.“ Dagegen erklärte Dohnanyi: „Ich war darüber bestürzt, wie man Martin Walser so mißverstehen kann.“ Er hielte den Vorwurf der geistigen Brandstiftung „nicht für richtig“.

Der frühere Hamburger Bürgermeister sprach sich für ein klärendes Gespräch auch zwischen Bubis und Walser aus. Bubis hatte allerdings kurz zuvor betont, der Schriftsteller habe bisher alle Gesprächsangebote abgelehnt, darunter zuletzt auch ein „internes“ vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Heute abend werden Walser und Bubis dennoch miteinander öffentlich diskutieren – allerdings nicht gemeinsam. In einer Fernsehsendung des Südwestrundfunks stellen sie in getrennten Stellungnahmen ihre jeweiligen Positionen in dem Konflikt dar.

Um die Rolle der Friedensstifterin zwischen Bubis und Dohnanyi hatte sich in Bonn die FDP bemüht. Sie lud beide Kontrahenten als Gäste zu einer Fraktionssitzung ein, auf der über das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin diskutiert wurde und hatte den Kontrahenten zuvor Gelegenheit zu ihrem vertraulichen Gespräch gegeben.