Einseitig dualistisch

■ JournalistInnen diskutierten über Menschenrechte und Meinungsfreiheit

So unterschiedlich die Schicksale der vier JournalistInnen aus Af-ghanistan, Algerien, der Elfenbeinküste und der Türkei waren, so sehr ähnelten sich die Repressalien, die sie erleiden mußten: Zensur, wirtschaftlicher Druck, Gefängnisstrafen und Ermordungen von KollegInnen. Anläßlich des 50. Jahrestages der Erklärung der Menschenrechte hatten die Initiative Pro Afrika und die Werkstatt 3 am Dienstag eingeladen zu einem JournalistInnengespräch über „Menschenrechte und Meinungsfreiheit“. Die Biographien der Podiumsteilnehmer waren beeindruckend.

„Man muß verrückt sein, um bei uns Journalist zu werden“, erläuterte Ali Bensaad, der in Algerien zweimal zum Tode verurteilt wurde, „dennoch ist die unabhängige algerische Presse eine starke Gegenmacht. Sie ersetzt das gesamte politische Leben.“ Yeldag Özcan aus der Türkei betonte, daß es in ihrem Land weniger die offizielle Zensur sei, die die JournalistInnen bedrohe: „Das Schlimmste sind die „Morde mit unbekanntem Täter“. Bensaad und Özcan sind der Gefahr zumindest zeitweise entkommen: Sie sind für ein Jahr Gäste der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte.

Saleha Kalliquie aus Afghanistan dagegen lebt schon seit 1979 in Deutschland. Sie kritisierte insbesondere, daß sich die westlichen Medien erst seit der Machtübernahme der Taliban für die Verletzung der Menschenrechte in ihrem Land interessierten, „dabei war die Situation der Frauen unter der islamistischen Partei zum Teil schlimmer“. Gegen das dualisierte Bild vom „menschenrechtsfeindlichen Süden“ und -freundlichen Norden wandte sich auch Charles Gnaleko, Journalist von der Elfenbeinküste. Er kritisierte auch die Praktiken der Medien, für Artikel über die Lage der diskutierten Länder nur die Meinung von Regierungsvertretern einzuholen und nicht die der Opposition: „Aber das wollen die Kollegen hier nicht hören“, so Gnaleko. Er verdeutlichte zudem, welcher historische Faktor die Lage der Menschenrechte in den südlichen Ländern dauerhaft dramatisch verschlechtert hat: Die Ankunft der „zivilisierten“ Weißen.

Heike Dierbach