Verfilztes Chaos

Fischer-Menzels Rücktritt war zwingend: CDU zieht Zwischenbilanz des Filz-PUA  ■ Von Sven-Michael Veit

Dietrich Wersich beweist analytisches Geschick: „Filz ist der Ersatz transparenter Regeln durch persönliche Verflechtungen“, formuliert der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete. Die Definition ist zutreffend, und deshalb ist die Schlußfolgerung es ebenfalls: „Der Rücktritt von Frau Fischer-Menzel war zwingend.“

Wersich und Antje Blumenthal, Unions-Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) Filz, präsentierten gestern nach zehn Ausschuß-Sitzungen ihre Zwischenbilanz der „Ehegatten-Affäre“, die zum Rücktritt Helgrit Fischer-Menzels als Senatorin der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) am 1. März dieses Jahres führte.

Von Zeugen mit erstaunlichen Gedächtnislücken wissen die beiden zu berichten und von Behördenakten, die „willkürlich umbenannt“ wurden, die „fehlende oder fehlerhafte Paginierungen“ aufweisen oder sogar nicht mehr auffindbar sind. Und von angeblichen „politischen Vorgaben“ Fischer-Menzels, die es nicht schriftlich gibt und an die sich kaum jemand ihrer damaligen Mitarbeiter erinnern kann; die Zeugen, die es konnten, hatten sämtlich „das irgendwie anders verstanden“.

Bei der Vergabe von Behördenaufträgen, so das CDU-Fazit, habe es „keine fachlichen Kriterien“ gegeben und kein „geordnetes Verfahren“. In der Chefetage der BAGS habe „ein Chaos aus Unkenntnis, Ineffektivität und Nicht-Kommunikation“ geherrscht. PUA-Mitglied Wolf-Dieter Scheurell (SPD) bestätigte gestern diese „erheblichen Mängel“, warnte aber die CDU vor „Pauschalurteilen und einseitiger Bewertung“.

Beides hatten Blumenthal und Wersich gar nicht nötig. Sie ließen die Fakten sprechen. Danach ist es erwiesen, daß Sozialsenatorin Fischer-Menzel im Spätsommer und Herbst 1997 nachdrücklich dafür gesorgt hat, daß ein millionenschwerer Auftrag ihrer Behörde an die Alida-Schmidt-Stiftung vergeben wurde, deren Geschäftsführer ihr Ehemann Peter Fischer ist. Sie hat eigenhändig Weisung erteilt, den bereits an das konkurrierende Guttempler-Hilfswerk vergebenen Auftrag zurückzunehmen.

Mehrfache Erklärungen des Fachamtes, das Konzept der Alida-Schmidt-Stiftung sei schlechter und teurer als das der Guttempler, hat Fischer-Menzel nicht akzeptiert. Mit ihrem Eingreifen zugunsten der Stiftung ihres Gatten hat Fischer-Menzel, so Blumenthal und Wersich, „eindeutig gegen die Befangenheitsregeln verstoßen“.

Auch BAGS-Staatsrat Peter Lippert hat sich nach Ansicht der CDU „widersprüchlich“ verhalten, und die zuständige Amtsleiterin Elisabeth Lingner (beide SPD) habe sich sogar als unfähig erwiesen. Mehr noch, beide hätten in bestimmten Punkten „die Unwahrheit“ gesagt.

Über Konsequenzen für die Spitzenbeamten wollten Blumenthal und Wersich in betont sachlicher Zurückhaltung „noch nicht spekulieren“. Beide würden nochmal vor dem PUA aussagen müssen, und da wolle man „abwarten, ob eine Besserung eintritt“.