Mit Streit Knete machen

■ Erste „regionale Bremer Friedensstelle“ für Streithähne: Bremer Verein steigt mit neuem Angebot in den Dienstleistungsmarkt „Konliktschlichtung“ ein

Ob Streß mit dem Ehepartner, Zank mit dem Nachbarn oder Zoff mit einem Mitschüler: Für Streithähne gibt es in Bremen jetzt neben dem „Täter-Opfer-Ausgleich“ (vgl. Kasten) ein neues Angebot: Gestern eröffnete der „Bremer Verein für Jugendhilfe & Soziale Arbeit“ die erste „regionale Bremer Friedensstelle“ in der Neustadt. Der Verein will im Frühjahr 1999 auch noch in anderen Stadtteilen Büros öffnen. Die taz sprach mit Projektleiter und Vereinsgeschäftsführer Ulrich Pelz über das Angebot, den neuen Streitschlichtermarkt und seine Potentiale.

taz: Sind Sie jetzt die neuen Bremer Friedensboten?

Ulrich Pelz, Projektleiter der Bremer Friedensstellen: Nein, das wäre viel zu hoch gegriffen. Wir meinen aber, daß Konfliktschlichtung durchaus etwas mit sozialer Befriedung im zwischenmenschlichen Bereich zu tun hat.

Quasi friedensstiftend ist schon kostenlos der Täter-Opfer-Ausgleich tätig, der in Bremen bereits 18 Schlichtungsstellen aufgebaut hat. Sie wollen dem jetzt Konkurrenz machen?

Wir wollen keinem Anbieter ins Handwerk fahren. Aber wir sind generell der Meinung, daß Bremen eine große Stadt ist und daß es hier einen großen Markt auch für mehrere Anbieter gibt. Gerade in der Schule gibt es ein großes Potential. Dies wird ein einziger Träger nicht abdecken können.

Allerdings wird man offenbar für ihre Streitschlichtung bezahlen müssen, der Täter-Opfer-Ausgleich ist dagegen kostenlos.

Noch arbeiten wir ehrenamtlich und operieren nicht mit Preisen. Aber wir haben natürlich im Kalkül, auch einen geschäftlichen Umsatz zu organisieren und für unsere Dienstliestung irgendwann ein Honorar oder eine Gebühr zu nehmen.

Wieso sind Sie so sicher, daß Ihre Dienstleistung tatsächlich abgefragt wird? Viele Nachbarn streiten vielleicht gerne weiter?

Die Konfliktschlichtung soll den Menschen ja nicht ihre Konflikte wegnehmen. Sie baut darauf auf, die Konfliktparteien konfliktfähig zu machen.

Und wenn sich die Nachbarn aber ganz gerne streiten?

Dann sollen sie das machen. Wir sind nicht dazu da, daß wir uns in jeden Streit einmischen wollen. Es ist ein Angebot an alle Bevölkerungsgruppen, bei Konflikten zu uns zu kommen und einen Konfliktschlichter in Anspruch zu nehmen.

Sie stehen mit dieser Geschäftsidee ganz am Anfang, der Täter-Opfer-Ausgleich arbeitet schon seit Jahren auf dem Gebiet der Konfliktschlichtung. Die Leute dort sind über Jahre ausgebildet worden. Ihre künftigen Konfliktschlichter sollen zunächst nur einen Kompaktkurs von 50 Unterrichtsstunden machen. Reicht das für ein so sensibles Feld der Beratung?

Wir haben ein langzeitiges Ausbildungskonzept im Kopfe, aber das müssen wir Schritt für Schritt machen, weil Ausbildung auch viel Geld kostet. Unser Ziel ist es, unsere Mitarbeiter langfristig mit learning-by-doing und praxibegleitend zu qualifizieren. Außerdem ist Fortbildung etwas relatives: Wir haben auch Mitarbeiter, die bereits langjährige Beratungspraxis hinter sich haben. Wir haben außerdem Diplom-Psychologen unter uns und somit hohe Kompetenz versammelt.

Wie teuer wäre bei ihnen so eine Konfliktschlichtung?

Das kommt ganz auf den Aufwand an. Es gibt Konflikte, die innerhalb einer Stunde erledigt sind, sie können sich aber auch über Wochen hinziehen. Diesen Aufwand muß man dann natürlich irgendwie quantifizieren. Aber das haben wir noch nicht im einzelnen ausgerechnet. Wir wollen mit ganz kleinen Schritten anfangen und Erfahrungen machen. Und wenn wir merken, daß wir doch nicht so vorankommen, werden wir unser Angebot gegebenfalls auch wieder zurückschrauben.

Fragen: Katja Ubben

Die neue regionale Bremer Friedensstelle in der Friedrich-Ebert-Straße 124 ist jeweils montags und donnerstags in der Zeit zwischen 17 und 19 Uhr geöffnet. Infos unter Tel.: 55 723 5.