Einknicken vor Baulobby

■ Parlament gibt Baumillionen für Wasserstadt-Brücke in Spandau nun doch frei

Uli Hellweg, Geschäftsführer der Wasserstadt GmbH, freute sich gestern sehr. Die „Nordbrücke“ über die Havel in Spandau kann weitergebaut werden, entschied der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses mit den Stimmen von CDU und SPD. Vor drei Wochen sah das anders aus: Dieselben Politiker hatten beschlossen, die 46 Millionen Mark zu sperren, bis der Rechnungshof seinen Bericht abgegeben hat.

Die Nordbrücke fungierte unlängst als Katalysator für die Neuauflage des Streits um die Entwicklungsgebiete, darunter die neuen Wohnviertel der Wasserstadt in Spandau. PDS und Grüne, zunehmend aber auch SPDler und CDUler, betrachten die riesigen Bauprojekte als überdimensioniert. Weil CDU-Bausenator Jürgen Klemann den Bauauftrag für die Brücke erteilte, obwohl der Landesrechnungshof den Bedarf dafür anzweifelt, schaltete der Ausschuß vor Wochen auf stur.

Seitdem hat sich die Lage nicht geändert. Einzige Ausnahme: Die Bauverwaltung legte gestern eine Schätzung vor, welche Schadensersatzforderungen auf das Land zukämen, wenn die Brücke nicht weitergebaut würde. Bis der Rechnungshof seinen vom Abgeordnetenhaus angeforderten Bericht im März 1999 vorlegt, könnten ungefähr zwölf Millionen Mark zusammenkommen. Dieses Argument habe man nicht von der Hand wischen können, meinte Hans-Peter Seitz, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD. Angesichts der Tatsache, daß die Brücke „irgendwann doch gebaut werde“, seien diese möglichen Schadensersatzforderungen zu hoch. Außerdem hatte die Bauverwaltung argumentiert, daß die Eingänge zu den Geschäften der schon fertigen Wohnblöcke am Westufer der Havel ohne den Bau der Brückenrampe im ersten Stockwerk liegen würden – ein unhaltbarer Zustand.

Eigentlich jedoch halten viele auch in der SPD die Brücke für überflüssig. „Würden wir heute grundsätzlich entscheiden, würde sie nicht gebaut“, so Seitz. „Altlasten und Sachzwänge“ ließen sich aber nicht negieren. Für die grüne Abgeordnete Michaele Schreyer stellt der Ausschußbeschluß ein „Einknicken vor der Baulobby“ dar. Hannes Koch