Sich an Studiengebühren herantasten

■ Vom Neoliberalen bis zum Neomarxisten – die Debatte über die Sinnhaftigkeit eines bezahlten Studiums ist unter Studierenden eröffnet. Unis müssen der Wirtschaft etwas bieten

Berlin (taz) – Anything goes, alles ist möglich. Dieser Erkenntnis der Wissenschaft gilt nun auch für die Politgruppen, die sich um eine Reform der Hochschulen bemühen. Das Spektrum von Neoliberalen bis zu Neomarxisten diskutierte bei der Tagung „Gähnende Lehre“ in Berlin – ohne sich gleich völlig zu zerstreiten.

Nicht einmal beim Thema Studiengebühren flogen die Fetzen im Olof-Plame-Haus des DGB. Die ehemalige Berliner Schulsenatorin Sybille Volkholz (Bündnis 90/ Die Grünen) konnte das heiß umstrittene Gutachten zur Finanzierung der Hochschulen vorstellen. Die gewerkschaftsnahe Hanns-Böckler-Stiftung hatte darin die überraschende These vertreten, Bildung müsse nicht mehr komplett staatlich finanziert werden; über Bildungskonten und Bildungsgutscheine sei mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erzielen. Einige KommilitonInnen lehnten diese Pläne erwartungsgemäß als „verkappte Studiengebühren“ generell ab. Aber auch jene Stimmen fanden Gehör, die ihre Haltung zum (teilweise) bezahlten Studium überdenken. Studiengebühren ja – aber nicht so, wie die Böcklers es vorschlagen, hieß es.

Erstaunliche Töne fielen auch zum Thema Verhältnis von Universität und Wirtschaft: „Die Wirtschaft hat als Teilsystem der Gesellschaft berechtigte Ansprüche an die Hochschulen“, formulierte es die Mitorganisatorin Annika Zorn in Anlehnung an Niklas Luhmanns Systemtheorie. So freundlich hatte man es bislang nicht gehört, daß Hochschulen auch eine Qualifizierungsfunktion haben. Schließlich macht rund ein Viertel eines Jahrgangs inzwischen eine akademische Ausbildung.

Unter dem hübschen Titel „Reanimationsversuche“ kam die Runde denn doch ein wenig ins Streiten. Die PDS machte sich in Person ihres Berliner hochschulpolitischen Sprechers Benjamin Hoff für die Autonomie der Hochschulen stark. Matthias Seiffert von den „Anarchosyndikalisten“ plädierte für die Autonomie der Studis. Autonomie ist Peter Grottian hingegen Wurst. Für den Berliner Politikprofessor ist das größte Problem der Hochschulen die „Komplizenschaft zwischen unmotivierten ProfessorInnen und apathischen Studierenden“. Grottian, immer für Vorschläge gut, will der vermaledeiten Teamwork mit dem Kommunitarismus zu Leibe rücken: Statt Studiengebühren zu bezahlen, sollten die KommilitonInen Jobs in den Fachbereichen übernehmen, bezahlte und nichtbezahlte; das erhöhe die Identifikation mit dem Institut. peno/cif