■ Soundcheck: Red Hot Chili Peppers / Outside/A.P.E.
Gehört: Red Hot Chili Peppers Die Sporthalle erweist sich in der letzten Zeit zunehmend als Mahnmal der Zukunft und Ort, an dem sich kulturelle Brüche in ihrer ganzen reizvollen Tragik inszenieren. Ob das futuristische Club-Event Björk/Goldie, ob Minderjährigenpunk mit Green Day, stets gab es für Musik-Soziologen alle Hände voll zu tun. Daß die Chili Peppers dort spielen, ist sicherlich kein Phänomen. Schon eher, daß ihr Bassist Flea nichts dabei findet, sein rührend-trotziges kleines Lied „Pea“ vor 7000 rhythmisch klatschenden Menschen zu singen. In zarten Tönen sagt er: Fahrt zur Hölle, ihr großen, starken Macho-Schweine, ich bin klein, ich bin eine Erbse. Daß die Erbse zufällig von zwei Spots angestrahlt wird und auf einer zwei Meter hohen Bühne trohnt – macht ja nichts.
Der andere interessante Moment: Moby. Mit Moby wurde an diesem Abend Live-Techno geboren. Als Plattenkünstler brachte er seine persönliche Vorstellung von Happy Hardcore mit zwei Schlagzeugen, Gitarre und Baß auf die Bühne, dazu ständig schreiend und auf seinen Keyboards rumspringend. Der Moment, in dem ein eindeutig technoides Lied mit Synthie-Bom-bast und typischem Frauen-Vokal-Sample eine Reihe von Kindern des Grunge zum Headbangen brachte, entschädigte für die Stunden, in denen die Energie im Nirgendwo verpuffte.
Holger in' t Veld/ Foto: jms
Outside/A.P.E.: Das hat man nun davon, wenn man das Kleingedruckte nicht liest. Die Absicht, A.P.E. aus Manchester mit ihren flatternden Bässen über Folk-Schnipsel zu bewundern, wurde dadurch vereitelt, daß sie sich hinter den Plattentellern versteckten. Statt dessen mußte man mit den Dorado-Labelmates Outside vorliebnehmen. Eine musikalische Flaschenpost aus London hätte es werden können, denn die Mannen um den Keyboarder Matt Cooper in der Haushose spielten von Jungle bis Essig Jazz alles, was gerade chic ist. Allerdings ließ die Profilneurose des kleinen Mannes keinen Zweifel daran, warum keiner in der Band und später auch im Publikum den selbstverliebten, grimassierenden Geck so recht leiden konnte. Ein Abend und zwei Bands, die einmal mehr die Live-Krise im Dancefloor aufzeigten.
Volker Marquardt
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