Schiffe in unseren Venen

■ Das Festival „Schanzentanz“ will bis zum Sonntag den „Erlebnisraum Körper“ erkunden

Die Haut ist unser Fell. Sie trennt uns von der Außenwelt. Doch was liegt darunter, welche Schiffe fahren in unseren Venen, welches Getöse bricht sich an unseren Knochen? Im Inneren unseres Körpers ist es dunkel. Doch hier – im Unsichtbaren – beginnen die kleinen Regungen, die sich zu Taten auswachsen, die die Welt verändern.

Seit mehreren Jahren erforschen die Choreographen des Vereins „Tanzinitiative Hamburg“ einzeln oder gemeinsam die Innenwelt des Körpers. Sie alle kommen aus dem Bereich des zeitgenössischen Tanzes und widmen sich nicht mehr den tradierten Formen des Modern Dance, sondern besinnen sich in sehr persönlichen Ansätzen der tieferen Schichten von Bewegung. „Erlebnisraum Körper“ heißt folgerichtig das Motto, unter dem sie ihre Arbeit in den kommenden fünf Tagen vorstellen werden.

„Wir haben uns zwei Jahre lang die Köpfe heißgeredet“, so Organisatorin Irmela Kästner, „jetzt endlich gehen wir wie geplant an die Öffentlichkeit.“ „Schanzentanz“ präsentiert von heute bis Sonntag jeden Abend ein Programm aus mehreren Choreographien.

Heute und Mittwoch stehen drei Stücke auf dem Programm: Undine geht von Susanne Brian orientiert sich an der gleichnamigen Erzählung von Ingeborg Bachmann. Barbara Schmidt-Rohr, die sich in Japan ein Jahr lang dem Butoh-Tanz näherte, spürt in einer Tanz-Video-Performance dem Übergang von der Natur- in die Stadtlandschaft nach. Gloria Burgert ließ sich von einem alten orientalischen Brauch anregen, in dem Hölzer durch Verbrennung ihre Geister in den über dem Feuer stehenden Körper abgeben.

Für Donnerstag und Freitag sind vier Choreographien vorgesehen. In einem Solo erkundet Annett Walter die Spannungen, die durch den voyeuristischen Blick, durch das Beobachtet-Werden von den Zuschauern entstehen. Joachim Apel widmet sich dem Stuhlgang als „übersinnliche Erfahrung“ und fragt: „Naht die Rettung oder droht Mord?“.

Susanne Brian experimentiert mit Stimme und Bewegung. In dem Versuch, „absichtlich absichtslos“ zu sein, produziert die Künstlerin Töne, die aus den Ecken und Spalten des Raumes zu kommen scheinen.

Am Sonnabend begegnen sich alle Choreographen in einem einmaligen Performance-Experiment zeitgleich mit Ausschnitten ihrer Arbeiten. Aufs Trapez schwingt sich danach Clover Catskill, Gast aus den USA, die den Tanz in den dreidimensionalen Luftraum verlegt.

Mit Speisen und Getränken und anderen Anregungen der Sinne schließt das Festival am Sonntag mittag mit einem „inszenierten Frühschoppen“ zum Thema Tanz und Erotik. Während die Teilnehmer sich degoutierend den gebotenen Genüssen hingeben können – nein, niemand muß sich bewegen! – faßt Irmela Kästner die Geschehnisse der vergangenen Performances zusammen und fragt sich und die Zuschauer: „Was passiert, wenn du – gerade als Frau – solo auf die Bühne trittst? Sehen wir nur Bewegungen? Oder nicht auch das nackte Fleisch? Gabriele Wittmann

Schanzentanz, vom 10. bis 15.10, in der Triade, Bernstorffstr. 177 / Thadenstr. 102. Informationen gibt es unter % 439 38 48. Voranmeldungen für den Frühschoppen zwecks Planung der Verköstigung bitte bis Freitag telefonisch hinterlassen.