Endlich allein im Park!

■ Über herbstliche Glücksgefühle von Mensch und Hund Von Silke Mertins

Matsch, Dauerregen, Nebelschwaden. Wenn das Herbstwetter durch die städtische Fauna und Flora peitscht, wenn das Wasser knöchelhoch auf der Parkwiese steht und der erste Frost naßkalt durch die Schuhe ins Menscheninnere kriecht, dann sind sie wieder da, diese herbstlichen Glücksgefühle von Frauchen und Herrchen. Endlich allein! Endlich wieder freie Bahn für Schnüffels Stöckchen!

Seit der Nordmensch ins Freie drängt und es die 35-Stunden-Woche gibt, müssen die Outdoor-Massen den ganzen langen heißen Sommer ertragen werden. Es wird gepicknickt und gejoggt, gekegelt und gekickt, Frisby-Scheiben schwirren unaufhörlich durch laue Lüfte, Gitarren und Trommeln werden erbarmungslos bemüht und keine noch so sonnenempfindliche Nase bleibt zuhause. Kurz: Es ist gräßlich.

Was Hund und Mensch bleibt, ist die Flucht ins benachbarte Umland, frühes Aufstehen oder Oropax. Letzteres ist nötig, um kreischende Eltern zu ignorieren, die nicht begreifen können, daß empfindliche Hundeohren keine Rollschuhe und Skateboards mögen. Andererseits beteiligt sich der temperamentvolle Hund gerne an diversen Ballspielen. Die Open-Air-Meditierer und Zeitlupen-Turner der Tai-Chi-Schule kennen zudem wenig Toleranz, wenn sie bei ihren Übungen rundum abgeschnüffelt werden. Von Bellen gar nicht zu reden.

Doch damit ist jetzt Schluß: Der Elbstrand ist leer, die Grünanlagen fest in Hundehand. Weit und breit nichts als Gummistiefel und Regenjacken. Man grüßt sich, gibt sich Erziehungstips – „Sie sollten es bei Ihrem Hund mal mit einer Bachblütentherapie versuchen“ – und tauscht die Lebens- und Herkunftsgeschichten der vierbeinigen Lieblinge aus. Für drei Jahreszeiten sind die unerquicklichen Konflikte ums Häufchen am Wegesrand vorbei, denn es herrscht Schlechtwetterfrieden in der Hansestadt. Wer will da über kalte Füße oder tropfende Nasen klagen?