Nordrhein-Westfalen bleibt Kohle-Land

Eigentlich wollte NRW das Land des Wissens werden. Nun sickert durch, daß 1.600 Dozentenstellen an den Hochschulen wegfallen sollen. Ministerin richtet Arbeitsgruppe ein, die Kürzungen verteilen soll  ■ Aus Münster Kristine Schmidt

Zunächst hieß es knausern, jetzt heißt es kürzen für die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen (NRW): Etwa 1.600 Stellen sollen an den Unis zwischen Bonn und Bielefeld wegfallen. Die Studentenvertretung (Asta) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster weiß aus zuverlässiger Quelle, daß noch im Dezember eine Arbeitsgruppe damit beginnt, die Stellenkürzungen auf NRW zu verteilen. „Eine katastrophale Situation kommt auf die Unis zu“, sagt der Hochschulreferent des Asta Münster, Matthias Neis.

Daß wegen des Auslaufens eines Feuerwehrprogramms des Bundes rund 300 Stellen für Dozenten verschwinden, ist lange bekannt. Aus dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft hat der Asta jedoch erfahren, „daß in NRW bis zu 1.600 Stellen wegfallen werden“. An den Hochschulen ist es ein offenes Gerücht, daß gekürzt wird. Bereits im Juli hatte der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, Wolfgang Weber, befürchtet, „daß in den nächsten beiden Jahren rund 1.000 Stellen verloren gehen“.

Für Bildungsministerin Gabriele Behler (SPD), die erst vor wenigen Monaten das Wissenschaftsressort von Anke Brunn übernommen hat, wären die Kürzungspläne eine herbe Schlappe. Bislang hatte es geheißen, der 29-Milliarden-Mark-Etat für Schulen und Hochschulen werde zwar nicht steigen – mittelfristig solle aber aus dem Land von Kohle und Stahl ein Land des Wissens werden.

„Wir müssen versuchen, mehr Reformen fürs Geld zu verwirklichen“, hatte Ministerpräsident Wolfgang Clement in seiner Regierungserklärung Kürzungen ausgeschlossen.

Inzwischen hat die Landesregierung Schrumpfungen der Hochschullandschaft eingestanden. „Mit einem Abbau von Stellen muß generell schon gerechnet werden“, sagte Behlers Sprecher Harald Wellbrock. Es stünde allerdings noch nicht fest, in welchem Ausmaß und zu welchem Zeitpunkt. Gewißheit gebe es lediglich über 100 wegfallende Stellen bis zum März 1999.

Sollten sich die Sparpläne bestätigen, droht in den NRW-Unis nicht nur „Orchideenfächern“ das Aus. Generell wären alle Studiengänge mit knapper Personaldichte in Gefahr. In Münster kämpfen die Fächer Wirtschaftpolitik und Kulturwissenschaften wegen Personalmangels ums Überleben. In Düsseldorf sind Geographie und Sport nach Kürzungen nicht mehr existenzfähig. „Das paßt doch zur Mängelverwaltung, die Frau Behler als Regionalisierung verkauft“, sagt Neis vom Asta Münster. Man kürzt erst – und schickt die Studis dann an die Nachbaruniversität.