Kinder sind Armutsfaktoren

■ Große Kinderarmut in Bremen / weiterer Anstieg erwartet

Bremen gehört zu den Städten mit großer Kinderarmut. „Mehr als 36 Prozent der etwa 51.000 Sozialhilfeempfänger sind unter 18 Jahre“, sagte Bremens Sozialsenatorin Christine Wischer (SPD) jetzt. Von 1.000 Kindern unter sieben Jahre seien 249 Sozialhilfeempfänger. „Der Bundesdurchschnitt liegt bei 160“, betont die Senatorin. In Hamburg (184), München (102) und Dortmund (162) liege die Quote erheblich unter der bremischen. „Bei den sieben bis 17jährigen beträgt sie in der Hansestadt 196, im Bundesdurchschnitt 113.“

Diese Zahlen machen nach Wischers Auffassung deutlich, daß Kinderarmut kein Thema von kleinen Gruppen oder Randgruppen ist. „Generell ist leider festzustellen, daß Kinder in Deutschland zunehmend für Familien zu einem Armutsfaktor geworden sind, insbesondere in Städten, wo Lebenshaltungskosten hoch und nachbarschaftliche und familiäre Netzwerke nur schwach ausgebildet sind.“ Kinderarmut sei zudem zu einem wesentlichen Teil Folge von Arbeitslosigkeit und Armut der Erwachsenen. Im November waren im Land Bremen 44.603 Menschen ohne Arbeit. Die Arbeitslosenquote betrug 14,6 Prozent.

„Die Kinder- und Jugendzeit ist heute ungleich schwieriger und kritischer als noch vor einem Jahrzehnt“, so die Senatorin. Einerseits böten sich Kindern vor allem in Familien mit gesichertem Einkommen ungleich höhere Chancen. „Andererseits sind für eine immer größere Zahl Arbeitslosigkeit, Perspektiv- und Orientierungslosigkeit und soziale Desorientierung nicht länger Randerscheinungen oder vorübergehende Zwischenphasen.“ Sie prägten vielmehr ganz entscheidend die Lebenswelt. „Auch Kinder und Jugendliche spüren heute in einer Gesellschaft, die von Konsum und materiellen Erfolg geprägt ist, mehr denn je, was es heißt, nichts zu besitzen und sich nichts leisten zu können.“

Nach dem Regierungswechsel in Bonn ist es deshalb für Wischer an der Zeit für eine sozial- und familienpolitische Neuorientierung. „Dies wird um so eher gelingen, wenn die mit dem Bündnis für Arbeit und Ausbildung verknüpften Erwartungen sich auch erfüllen.“ Wesentlicher Bestandteil eines solchen Bündnisses sei die Sicherung einer qualifizierten Ausbildung für alle Jugendlichen und die Integration erwerbsloser Jugendlicher in den Arbeitsmarkt. „Eine Politik, die aktiv Jugendarbeitslosigkeit abbaut, verhindert in der Perspektive Armut von Kindern“, ist die Sozialsenatorin überzeugt. dpa