Ein Sonnenkönig an einem Hof im Schatten

■ Nach Frankfurts 1:2 in Kaiserslautern schreibt Manager Rohr süffisant die Trainerstelle aus

Kaiserslautern (taz) – Nein, Hühnerfrikassee gab es dieses Mal nicht mehr für die Adlerträger vor dem Spiel, aber auch diese Maßnahme hat der Eintracht aus Frankfurt vorerst keinen Erfolg beschert. Während Interimscoach Bernhard Lippert Mühe hatte, die Fassung zu bewahren, beantwortete der Sportliche Leiter und Manager Gernot Rohr, trotz der 1:2-Niederlage süffisant lächelnd und wie es die Art des Südwestfranzosen ist, alle Fragen der Journalisten.

Wer Rohrs Lebensgeschichte kennt und das Oberstudienratsmilieu, aus dem er stammt, wähnt den Ehrgeizigen erst auf einer Zwischenstation seiner ambitionierten Karriere. Die Rohrs aus Mannheims Süden sind ehrgeizig, zielstrebig und nur schwer von ihren Wegen abzubringen. Das sind ja zunächst auch nicht die schlechtesten Eigenschaften. Trifft aber ein Genußmensch wie der bei den Girondins de Bordeaux zum Franzosen gewordene Rohr auf einen Malocher wie den Bauernsohn Horst Ehrmantraut, läßt der Konflikt nicht lange auf sich warten. Solche Männer mögen einander nicht. Deshalb will Rohr „jetzt nur noch nach vorne blicken“ – natürlich süffisant lächelnd.

Aus der Haltung des Managers spricht eine Art von Verachtung für den Entlassenen. Selbstgefällig gebärdet sich Rohr wie ein einflußreicher Beamter am Hofe des Sonnenkönigs, der über Leben und Tod oder hier über Trainersein und Nichtsein entscheidet.

Allerdings steht die Eintracht derzeit eher auf der Schattenseite. Die Niederlage war zwar unglücklich, aber gerecht. Ehrmantraut hat die Eintracht in der Vorrunde von einem Abstiegsplatz ferngehalten. Daß mehr (noch) nicht drin ist, sah man auch am Betzenberg. Statt 1:0 hätten die Lauterer zur Pause mit 3:0 oder 4:0 führen müssen. Meister des Rückpasses war die Eintracht, die vorzugsweise zu Torhüter Oka Nikolov spielte, der mit prächtigen Paraden eine Klatsche verhinderte.

Der Meister der Bundesliga dagegen schickt sich an, wieder mitzureden, wenn es um die neuerliche Vergabe des Titels geht. Zwar agieren die Pfälzer zuweilen arg leichtsinnig und unkonzentriert, aber das hohe Risiko birgt neben (seltenen) Gefahren auch mehr Chancen, um noch mehr aus dem vorhandenen Potential zu machen. Auch ohne die Meisterspieler Schjönberg, Ratinho und Wagner, alle drei eigentlich unverzichtbar, hat man sich ins Viertelfinale der Champions League und auf den 3. Platz der Bundesliga gespielt. Damit wäre man zwar bereits erneut in der Champions League, aber wenn es denn sein soll, wäre Otto Rehhagel dennoch gerne im Disput zwischen Uli Hoeneß und Christoph Daum der lachende Dritte.

Davon kann Gernot Rohr zur Zeit nur träumen. Er muß zunächst sehen, daß er einen neuen Trainer findet. Das Profil hat er immerhin schon vorgezeichnet: „Er muß zu uns passen, jung und dynamisch sein, sollte eine moderne Spielweise bevorzugen und weg von der deutschen Nur-Manndeckung kommen, und er sollte unser Jugend-Konzept mittragen wollen.“ Ganz schön viel auf einmal und durchaus ausreichend für ein, zwei weitere Trainerentlassungen.

Die Eintracht haderte im übrigen wie viele andere vor ihr mit dem Schiedsrichter, nachdem Hany Ramzy Hrutkas Paß doch noch zum 2:1 für den 1. FCK genutzt hatte. In letzter Minute? „Die Spieler sitzen drinnen und einige meinen, es sei zu lange gespielt worden...“, berichtete Rohr. Ja, das Klischee von den 94 Minuten auf dem Betzenberg... In Wahrheit hatte Winfried Buchhart nur in der ersten Halbzeit fünf Minuten länger spielen lassen, die zweite aber nach genau 44 Minuten beendet – und damit zu früh. Günter Rohrbacher-List

1. FC Kaiserslautern: Reinke – Sforza – Hrutka – De Jesus (70. Roos), Ramzy, Hristov, Riedl, Ballack, Reich (76. Rische) – Rösler, Marschall

Eintracht Frankfurt: Nikolov – Hubtschew – Pedersen – Bindewald – Brinkmann, Janßen (76. Kutschera), Weber, Uwe Schneider (70. Stojak) – Sobotzik, Bernd Schneider – Fjortoft (46. Westerthaler)

Zuschauer: 41.500 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Ballack (4.), 1:1 Stojak (74.), 2:1 Ramzy (90.)