Eine konfliktträchtige Beziehung

■ Brand in betreuter Jugendwohnung in Schnelsen: Hamburger Heimaufsicht prüft, ob Aufsichtspflicht verletzt wurde

„Wir sind tief betroffen von dem Brand in der Heidlohstraße und seinen Folgen.“ Peter Göritz vom Vorstand der Großstadt-Mission kann sich bis heute nicht erklären, wie das Feuer in der von seinem Verein betreuten Jugendwohnung in Schnelsen ausbrechen konnte. Daniel K. kam bei dem Brand am vorigen Freitag ums Leben. Der 17jährige Claus S. wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Er schwebt seither in Lebensgefahr.

Gestern schaltete sich nun die Heimaufsicht der Hamburger Jugendbehörde in den Fall ein. Sie will prüfen, ob die jeweiligen Betreuer der beiden Jugendlichen ihre Aufsichtspflichten verletzt haben. Im Fall des 14jährigen Daniels wies Göritz diesen Vorwurf entschieden zurück. Der Junge habe sich in den vergangenen neun Monaten „sehr positiv entwickelt“.

Zusammen mit einem Betreuer lebte Daniel in dieser Zeit wie in einer Kleinstfamilie in Schnelsen. 14 Lebensgemeinschaften dieser Art betreibt die Großstadt-Mission in Hamburg. Zum Konzept gehört es, den Jugendlichen zuverlässige Lebensbezüge zu bieten, ihnen mit der Zeit aber auch immer mehr Selbständigkeit zuzugestehen. Daniel besaß einen Wohnungsschlüssel, seine Mutter besuchte er regelmäßig.

Nur mit der Schule stand der 14jährige auf Kriegsfuß. Doch ein Praktikumsplatz war schon gefunden, in einigen Tagen sollte es losgehen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, so erläutert Göritz, sollte Daniel zum ersten Mal eine Nacht allein verbringen, ohne daß der Betreuer mit im Haus schlief.

Auch der 17jährige Claus S. ist Göritz bekannt. Bis März dieses Jahres lebte er zusammen mit anderen Jugendlichen ebenfalls in Schnelsen. Dann wurde die Wohngruppe aufgelöst. Knapp sechs Wochen lebten Daniel K. und er in der Übergangszeit zusammen. „Ihre Beziehung war sehr konfliktträchtig“, weiß Göritz, „bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen.“

Für den lernbehinderten 17jährigen wurde eine neue Unterbringung im Norden Hamburgs gefunden, diesmal gehörte die Einrichtung zur evangelischen Stiftung „Rauhes Haus“. Doch Claus S. lehnte das Leben auf dem Land ab. „Er warf die Hausschlüssel fort und tauchte nur unregelmäßig auf“, erläutert Uwe Mann van Velzen, Pressesprecher des Rauhen Hauses. Eine Erziehungskonferenz aus Vertretern des Jugendamtes und Betreuern habe deshalb im September eine ambulante Betreuung beschlossen – für fünf Stunden pro Woche.

Doch Claus S. entzog sich weiterhin der zuständigen Erzieherin. „Keiner weiß, wo und wie er genau lebte“, sagt Mann van Velzen. Die Schule besuchte der 17jährige nicht mehr, eine Ausbildung machte er auch nicht.

Unklar ist weiterhin, warum Claus S. Donnerstagnacht zur Heidlohstraße kam. „Es ist für uns unvorstellbar, daß Daniel ihn überhaupt in die Wohnung gelassen hat“, sagt Peter Göritz. Gegenüber den Rettungskräften hatte Claus S. hingegen behauptet, er sei in dem Haus mit Benzin übergossen und angezündet worden. Für die Polizei ist der Fall bisher nicht zweifelsfrei geklärt. Karin Flothmann