Puerto Rico stimmt gegen alles

Die Bevölkerung der Karibikinsel lehnt auch in der dritten Abstimmung einen Beitritt zu den USA erneut ab. Aber die Befürworter des jetzigen Status erzielen nur ein Prozent der Stimmen  ■ Aus Washington Peter Tautfest

Den Puertoricanern steht der Sinn nicht nach politischen Veränderungen im Verhältnis zu den USA. Die Mehrheit der 71 Prozent Wahlberechtigten der Karibikinsel, die am Sonntag an die Urnen gingen, um darüber zu entscheiden, gaben ihre Stimme gegen alle Alternativen ab, die ihnen zur Abstimmung vorgelegt wurden. Sie hatten die Wahl zwischen fünf Optionen: Dem jetzigen „Commonwealth Status“; einer „freien Assoziation“ mit den USA; dem „Beitritt“ zu den USA als 51. Bundesstaat; der staatlichen „Unabhängigkeit“ und schließlich der Möglichkeit, für „nichts von alledem“ zu stimmen. Letztere Option gewann 50,3 Prozent der Stimmen, gefolgt von 46,5 für den Beitritt zu den USA. Die Idee der staatlichen Unabhängigkeit ging mit 2,5 Prozent der Stimmen ebenso baden wie der Status quo des „Commonwealth“ und die „freie Assoziation“, die eine Art „Status quo plus“ gewesen wäre, die je ein Prozent der Stimmen erhielten.

Damit hat sich die Bevölkerung Puerto Ricos zum dritten Mal, seit die Karibikinsel vor 100 Jahren nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg an die USA fiel, gegen den Beitritt zu den USA entschieden. Im Grunde geht es trotz der verwirrenden Vielfalt an Möglichkeiten immer nur um zwei Optionen: Zugehörigkeit zu den USA oder nicht. Und die Parteigänger beider Alternativen beanspruchten den Ausgang der Wahl als Sieg für ihre Sache.

Der regierende Gouverneur von Puerto Rico, Pedro Rossello, der sich für den Beitritt zu den USA eingesetzt hatte, wertete den Wahlausgang als Sieg seiner Sache, weil die Stimmen für „nichts von alledem“ weggeworfene seien. Zieht man die ab, hätte sich eine überwältigende Mehrheit für den Beitritt entschieden. Die „Nichts von alledem“-Alternative aber war überhaupt auf den Stimmzettel gekommen, weil die Befürworter des Status quo, die gegenwärtige Oppositionspartei, das Gefühl hatte, daran gehindert worden zu sein, ihre Alternative auf dem Stimmzettel freundlicher zu formulieren. Sie sollte nicht als Kolonialstatus dargestellt werden, der die Puertoricaner rechtlos macht.

Entschieden hat der Wahlausgang nur eine Frage: Die Idee der Unabhängigkeit, die in den 50 Jahren zu einer anhaltenden Terrorkampagne der Nationalen Befreiungsfront Puerto Ricos in den USA geführt hatte, dürfte erledigt sein. Es geht jetzt eigentlich nur noch darum, unter welchen Bedingungen Puerto Rico seine Bindungen zu den USA festigen kann, ohne den über hundert Jahre gewachsenen Status relativer Unabhängigkeit und kultureller Eigenständigkeit zu verlieren. Die Einwohner Puerto Ricos haben die US- amerikanische Staatsbürgerschaft, sie können auf das Festland einwandern und haben Teil am amerikanischen Sozialsystem. Sie zahlen aber keine Steuern und haben kein Wahlrecht.

Das amerikanische Repräsentantenhaus hatte dieses Jahr mit einer hauchfeinen Mehrheit die Möglichkeit zu diesem Referendum geschaffen. Umstritten ist in den USA der Beitritt Puerto Ricos wegen der Sprachenfrage. Während viele Puertoricaner (und Amerikaner) im Zeitalter transnationaler Zusammenschlüssen zu Wirtschaftsblöcken einen weiteren wirtschaftlichen Fortschritt der Insel nur in einer stärkeren Anbindung an die USA sehen, wollen viele amerikanische Abgeordnete nur ein offiziell englischsprachiges Puerto Rico aufnehmen, was Puertoricaner als Angriff auf ihre kulturelle Identität sehen.