Die PLO beerdigt ihre Charta

■ Großer Empfang für Bill Clinton in Gaza

Gaza (taz) – Ein kurzes Stück mußte er denn doch durch Gaza fahren. US- Präsident Bill Clinton legte den Weg vom Hauptquartier des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat zum Schawa-Kulturzentrum im Auto zurück. Hunderte palästinensische Delegierte erwarteten ihn dort.

In seiner Ansprache scheute sich Arafat nicht, wunde Punkte anzusprechen: die fortdauernde Inhaftierung palästinensischer politischer Gefangener in Israel, den Bau von jüdischen Siedlungen im Westjordanland und die andauernde Landenteignung. „Wir haben in Madrid dem Prinzip ,Land gegen Frieden‘ zugestimmt, um die Besetzung unseres Landes zu beenden, damit unser Volk in Frieden leben kann mit Jerusalem als Hauptstadt“, sagte Arafat.

Am Ende der Rede stimmten die Delegierten per Handzeichen der Annullierung der Charta der PLO zu. Ausgezählt wurde nicht, jedoch waren keine Gegenstimmen zu entdecken. Anschließend erklärte ein Sprecher der israelischen Regierung, das palästinensische Votum sei „ausreichend“.

Clinton dankte den Palästinensern dafür, „daß sie am Frieden festgehalten haben“. Er verstehe „ihre Sorge über die Häuserzerstörung, die Landenteignungen, die Reisebeschränkungen und die Trennung von Familien“, sagte Clinton. Aber er habe auch Angehörige von Opfern getroffen, die durch Palästinenser getötet worden seien. Deshalb sei es erforderlich, daß Palästinenser und Israelis sich gegenseitig anerkennen. „Sie teilen ein heiliges Stück Land. Und Sie müssen es zu ihrer Mission machen, nicht länger Krieg zu predigen, sondern Frieden“, sagte Präsident Clinton.

Ein Dreiertreffen zwischen Clinton, Arafat und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist jedoch unwahrscheinlich. Nach bislang unbestätigten Berichten ist als Ergebnis der Vermittlungen der USA eine Vertagung der Umsetzung des Abkommens von Wye um zwei Wochen geplant. Zwar könnte Netanjahu so das am kommenden Montag anstehende Mißtrauensvotum im israelischen Parlament überstehen. Doch die andauernde Regierungskrise dürfte damit längst nicht gelöst sein.

Seinen rechtsgerichteten Koalitionspartnern hat Netanjahu bereits damit gedroht, daß sie unberechenbare Einbußen verzeichnen würden, wenn sie für Neuwahlen votieren würden. Doch selbst Außenminister Ariel Scharon hat jüngst für Neuwahlen plädiert, sollte es der gegenwärtigen Regierungskoalition nicht gelingen, eine Mehrheit zu erzielen. Georg Baltissen

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