■ Bürgerbeteiligung in den Niederlanden
: Es geht auch anders

Nicht alle Länder räumen ihren Bürgern sowenig Mitbestimmung ein wie die Bundesrepublik. In den Niederlanden gibt es bei allen Abschnitten eines Genehmigungsverfahrens die „Inspraak-Prozedur“. Obwohl der Gesetzgeber ähnlich wie in Deutschland sehr offenhält, wie die „Einsprache“ von Bürgern aussehen kann, hat sich in Holland eine wesentlich bürgerfreundlichere Praxis etabliert.

Wie Helga Fassbinder, Professorin für Stadtplanung an der Technischen Universität Eindhoven, erläutert, ist es üblich, zu allen wesentlichen Punkten einer Planung die Bürger anzuhören. Zusätzlich richten die Behörden Kommissionen ein, in denen gleichberechtigt mit den zuständigen Beamten Vertreter verschiedener Interessensgruppen sitzen. Dabei werden in der Regel die Vorsitzenden oder Meinungsführer der Verbände ausgewählt, deren Wort Gewicht habe.

Die Teilnehmer dieser Runden Tische, die sich dafür unbezahlten Urlaub nehmen müssen, erhalten vom Staat ein Tagegeld als Entschädigung und die Reisekosten. Diese Praxis, so Fassbinder, sei in den Niederlanden auch bei politischen Reformprojekten üblich. Allerdings, räumte sie ein, werden die Belange der Bürger nicht immer berücksichtigt. Beim Neubau des Flughafens Amsterdam etwa setzten sich die wirtschaftlichen Interessen durch. Die Art der Bürgerbeteiligung in den Niederlanden hält die Professorin jedoch für sehr sinnvoll. „In Deutschland geht es letztlich um Macht, nicht aber um vernünftige Lösungen.“ juw