American Pie
: Dumitrus Diktatur

■ Trotz der Verurteilung ihres Vaters wird Turn-Olympiasiegerin Moceanu nicht froh

Singing, this'll be the day that I die

Vom Glück ist Dominique Moceanu nicht unbedingt verfolgt. Das fängt mit ihrem Geburtsjahr an, welches die Turnerin genau in eine olympische Zwischenzeit befördert. 1996 in Atlanta war die winzige Person, die wie ein Gummiball über die Matte wirbelte, dabei unablässig strahlte und routiniert ihre forschen, etwas altklugen Sätze in die Mikrofone formulierte, mit ihren 15 Jahren der Darling der US-amerikanischen Öffentlichkeit, gewann Gold mit dem US-Team, war aber noch ein wenig zu jung für große Einzelerfolge. In Sydney 2000 wäre sie mit 19 schon wieder etwas zu alt.

Die Olympiateilnahme ist aber ohnehin in große Gefahr geraten, seit sie im Oktober fluchtartig das Elternhaus verließ und kurze Zeit später von einem Gericht für volljährig erklärt wurde, damit sie Kontrolle über ihre Finanzen erlangen kann. Dominique Moceanu ist das Opfer eines jener Sportväter, wie man sie bislang vorwiegend aus dem Tennis kennt.

Dumitru Moceanu (44) stellt die Herren Graf, Capriati oder Pierce allerdings locker in den Schatten. Der gebürtige Rumäne, der seine Tochter seit ihrem dritten Lebensjahr zur Spitzenturnerin drillte, war nicht bereit, den Verlust seines Goldesels zu akzeptieren, und begann seine Tochter persönlich und durch einen Privatdetektiv zu verfolgen. Nachdem er ihre geheime Adresse herausgefunden hatte, schickte er einen Blumenstrauß, um sie davon in Kenntnis zu setzen, er lauerte ihr vor der Schule auf und verwickelte sie auf der Straße in Streitereien. Im November teilte die Polizei Dominique gar mit, daß Dumitru einen Detektiv damit beauftragt habe, ihre Trainerin Miscenco und Brian Huggins, einen engen Freund, denen er die Schuld an dem Zwist gibt, ermorden zu lassen.

Der Rauswurf der Trainerin durch den Vater war der letzte Auslöser für den Bruch und den Entschluß der 17jährigen gewesen, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Luminita Miscenco kam Anfang des Jahres aus Rumänien, um den Bewegungsablauf der fast 20 Zentimeter gewachsenen und zehn Kilo schwerer gewordenen Moceanu neu zu koordinieren – mit Erfolg, wie die Goldmedaille bei den Goodwill Games im Juli zeigt. Die 26jährige Miscenco wird von der Turnerin inzwischen als „beste Freundin“ bezeichnet.

Letzte Woche erwirkte Moceanu eine gerichtliche Anordnung, die es dem Vater ein Jahr lang verbietet, sich ihr auf mehr als 500 Yards zu nähern oder telefonisch Kontakt aufzunehmen. „Es hat häusliche Gewalt stattgefunden“, konstatierte der Richter, „und sie würde ziemlich sicher auch in Zukunft geschehen.“ Moceanu, die mit zehn Jahren Profi wurde und seitdem etwa vier Millionen Mark verdiente, sagte aus, daß ihr Vater sie geschlagen habe, wenn sie zuviel wog oder nicht hart genug trainierte. Ihre Agentin meint, daß sie in einer „winzigen Schachtel“ aufwuchs.

Nachdem sie Dumitrus „Diktatur“ (Huggins) entronnen ist, kümmern sich ihre Anwälte um die Finanzen, deren größten Teil der Vater in einem vier Millionen Dollar teuren Turnzentrum anlegte. Ob die Turnerin angesichts des Familienzwists das Projekt Sydney noch in Angriff nehmen will, ist ungewiß. „Ich weiß, wie frei man dafür im Kopf sein muß“, sagt sie, „und das bin ich nicht.“ Die Alternativen: College oder eine Karriere als Model. Matti