■ Naumann will ein Museum statt des geplanten Berliner Mahnmals
: Der Vorteil klarer Alternativen

Der Idee des Kulturministers Naumann, statt des gigantischen Eisenmanschen Holocaust-Mahnmals ein Art Museum zu bauen, haftet etwas Mittelmäßiges, Unentschlossenes an. Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen scheint dieses Museum ein Ersatz zu sein. Sein Zweck liegt nicht nur in dem, was es ist, sondern darin, etwas anderes zu verhindern: das Mahnmal, als dessen entschiedener Kritiker sich Naumann schon früh zu erkennen gab.

Zudem wirkt die Konzeption wie ein Potpourri, wie eine bunte Mischung, in der für jeden Geschmack etwas dabeisein soll. Ein Museum mit einer Holocaust-Ausstellung, eine Bibliothek, ein wissenschaftliches Institut. Dieses Haus soll vielleicht noch durch eine Art Park, inspiriert durch György Konrád, ergänzt werden. Finanziert werden soll das Ganze, indem man ein Drittel des Geländes verkauft: Irgendwie wirkt diese Lösung pragmatisch, glatt, fast bauernschlau. Allen wohl und niemandem wehe.

Gewiß ist: Naumann liegt mit dieser Idee, ob er will oder nicht, auf der Schröderschen Linie, daß die Deutschen gerne zu diesem Ort gehen sollen. Wenn Kohl dies gesagt hätte, wäre ein Entrüstungssturm durch den Blätterwald gefegt. Bei Schröder fand man die bemerkenswerte Äußerung, daß der Holocaust ein Anlaß sein soll, um deutsches Wohlbefinden zu fördern, irgendwie verzeihlich. Kurzum: Naumanns Plan ersetzt die Ausgangsidee, ein riskantes artifizielles Mahnmal, durch ein unverfängliches pädagogisches Projekt. Das ist ein Unterschied ums Ganze.

Auch wenn man Naumanns Plan, gerade in der prekären Verbindung mit den Unbedarftheiten rot- grüner Erinnerungspolitik, skeptisch begegnen sollte – diese Idee sorgt für klare Fronten und Alternativen. Es zeichnet sich ab, daß der Bundestag demnächst über zwei Konzepte befinden kann: den Eisenman- Entwurf und Naumanns Plan. Es gibt einen Reihe von Gründen, politischen und ästhetischen, guten und schlechten, die gegen Eisenmans gewaltigen Stelenwald sprechen. So kann man geschichtspolitisch gegen Eisenman votieren, weil man die Idee, daß Deutschland ein zentrales Mahnmal braucht, das die authentischen Orte womöglich verdrängt, nach wie vor für falsch hält. Man kann freilich gleichzeitig mit Schrecken sehen, aus welchen trüben Gründen jemand wie Rudolf Augstein so heftig gegen das Mahnmal agitiert.

Insofern ist Naumanns Initiative brauchbar: Wer dem Mahnmal ambivalent gegenübersteht, sich mit radikalen Lösungen, wie etwa das Areal einfach leer zu lassen, nicht anfreunden kann, mag darin einen Ausweg entdecken. Stefan Reinecke