Holbrooke vermittelt wieder im Kosovo

■ Die OSZE verurteilt die schwersten Zwischenfälle seit zwei Monaten. Bei einem Grenzgefecht kommen 31 Menschen ums Leben

Priština/Bonn (AP/dpa) – Nach den neu aufgeflammten Kämpfen im Kosovo hat der US-Gesandte Richard Holbrooke gestern eine neuen Vermittlungsversuch in der serbischen Provinz begonnen. Nach Gesprächen in Priština wollte Holbrooke auch mit dem jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milošević zusammentreffen. Aus dem US-Außenministerium verlautete, Holbrooke wolle in Belgrad die Notwendigkeit eines raschen Friedensplans für die Provinz verdeutlichen.

Wie aus serbischen Kreisen verlautete, starben in der Nacht zwei Männer, die am Vorabend in einer Bar von zwei Maskierten angeschossen worden waren. Die Zahl der Opfer des Überfalls stieg damit auf sechs. Nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Tanjug handelte es sich bei den Tätern um albanische Separatisten. Am Montag hatten sich jugoslawische Grenztruppen und kosovo-albanische Separatisten ein fünfstündiges Gefecht geliefert, bei dem 31 Menschen ums Leben kamen. Es war der schwerste Zwischenfall seit zwei Monaten.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verurteilte die neue Gewalt. William Walker, Leiter der noch im Aufbau befindlichen OSZE-Beobachtermission, forderte beide Seiten zur Zurückhaltung auf und kündigte eine Verstärkung der Beobachtertätigkeit an. Es sei zu befürchten, daß es nun zu einer neuen Welle der Gewalt komme, sagte Walker. Laut OSZE wurden nach den Kämpfen an der Grenze neun Kosovo-Albaner gefangengenommen. Nach serbischen Angaben handelte es sich bei den Getöteten um Mitglieder der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK).

Der serbische Politiker Vuk Drašković forderte unterdessen in der österreichischen Tageszeitung Die Presse gestern ein klares „Nein“ des Westens zu den Unabhängigkeitsbestrebungen des Kosovos. Auf serbischem Territorium sei kein Platz für eine Republik Kosovo; auch sei auszuschließen, daß das Kosovo eine Teilrepublik der jugoslawischen Föderation werden könnte, sagte der Vorsitzende der Serbischen Erneuerungspartei (SPO) in dem von der österreichischen Nachrichtenagentur APA verbreiteten Interview. Drašković, früher einer der Führer der Oppositionsbewegung in Serbien, näherte sich zuletzt der Führung in Belgrad an. Beobachter vermuten, er könnte demnächst eine Koalition mit den regierenden Sozialisten bilden.

In Mazedonien trafen gestern 250 deutsche Soldaten ein. Sie sind Angehörige der Drohnenbatterie, die mit ihren unbemannten kleinen Aufklärungsflugkörpern die Luftüberwachung der Nato im Kosovo übernehmen soll. 100 Soldaten waren bereits in der vergangenen Woche nach Makedonien verlegt worden. Die Batterie wird in Tetovo rund 70 Kilometer westlich der Hauptstadt Skopje in einer Kaserne stationiert.

Ende des Jahres soll auch die etwa 1.800 Mann starke Nato- Schutztruppe für die etwa 2.000 unbewaffneten OSZE-Beobachter, die im Kosovo stationiert werden sollen, einsatzbereit sein. Sie setzt sich aus Franzosen, Briten, Italienern, Niederländern, Kanadiern und Deutschen zusammen. Kern des deutschen Kontingents sind rund 190 Gebirgsjäger und Panzeraufklärer.