Immer rein mit den Zuckerwürfeln!

■ Drogen und Trash im Doppelpack: der Billigfilm The Trip und die Band Tulip im 3001

Das Lexikon des internationalen Films warnt vor The Trip. Der LSD-Film „ist weder eine Auseinandersetzung mit dem Problem der Droge noch eine Warnung vor deren Gebrauch“. Ein anderer Kommentator befand: „In den falschen Händen eine überwältigende Werbung für LSD.“ Roger Corman drehte das Werk 1967 als Produzent und Regisseur, das Drehbuch lieferte Jack Nicholson. Hauptdarsteller Peter Fonda trifft dort auf Dennis Hopper, der den weisen Drogenguru gibt.

Recht nah am realen Leben der Mitwirkenden dürfte der Film gewesen sein, denn Hopper, Nicholson und Fonda versuchten sich in den späten Sechzigern als Hollywoods rebellierende Botschafter der psychedelischen Bewegung zu lancieren. Filme wie Psych Out (1968) und Easy Rider (1969) waren das Ergebnis. Die Geschichte von The Trip spricht von einem Aufbruch aus dem Amerika der eindimensionalen Bewußtseinsindustrie: Fonda spielt einen unausgefüllten Werbefilm-Regisseur, der merkt, daß es Zeit ist, das große transzendentale Real Thing auszuschecken. Also rein in die Luke mit dem Zuckerwürfel! Und an diesem Punkt beginnen die Probleme: Die für das Kognitive zuständige menschliche Großhirnrinde besteht aus rund sieben Milliarden Nervenzellen, von denen die meisten schweigen, damit gedankliche Konzentration in wenigen Gehirnregionen stattfinde. LSD macht damit Schluß. Das Ich zerfließt und die Nervenzellen reden ungefragt durcheinander: rush hour – früher sagte man Bewußtseinserweiterung dazu.

Nun ist individuelle Psychedelik unter der Schädeldecke des Probanden das eine, ihre Überführung in ein filmisches Abbild das andere. Roger Corman gibt sich redlich Mühe eine Schnittmenge zu finden, und doch – er trifft sie nicht. Corman hatte sich bis dahin mit mäßig finanzierten Kriegs- Horror- und Rockerfilmen einen Namen im Inszenieren von Grenzsituationen gemacht. Beim Versuch, die Gesetze der Droge mit denen des B-Films zu verbinden, schickt er Fonda wacker auf eine halluzinatorische Reise zwischen farbdurchtränkter Euphorie und totaler Selbstvergessenheit beim Anblick fliegender Klamotten in einem Wäschetrockner. Aber so sehr Corman auch mit Kaleidoskopeffekten hausiert, irgendwie endet er immer wieder da, wo er herkam: beim Trash.

Andere waren geschickter. Easy Rider funktionierte, weil er meist Fondas und Hoppers drogeninduzierte Lebensweise schildert, nicht deren Erleben. Fear and Loathing in Las Vegas löste das Drogen-Film-Problem, indem vor dem Hintergrund des A-Film-Etats und den Möglichkeiten der Computeranimation das innere Erlebnis als äußeres inszeniert wird. Obwohl nun die Droge Corman gewiß nicht zum formellen Geniestreich verhalf, wird The Trip als Trash Spaß, hat man doch gelernt, das Klischee als ebenso bescheuerten wie schönen Schlüssel zum Zeitgeist genießen zu können. Und 1967 war nachweislich nicht das schlechteste Jahr.

Vor dem Film werden eine Tulpe und ein Fliegenpilz, die man den Umgang mit Gitarre, Mikrofon und Schlagzeug lehrte, ein Konzert geben. Seltsam, aber so steht es geschrieben. Zusammen heißen sie Tulip. Acidrock?

Nils Michaelis

Sa, 19. Dezember, 22.30 Uhr, 3001