Die kleinste Einheit von Beziehungslosigkeit

■ Der Karen Carpenter Fanclub zeigt Das Irrlicht als Monolog für zwei im Fundbureau

Es gibt Zeiten, in denen man sein Leben als Dia-Show auf der Leinwand der Erinnerung vorüberziehen zieht. Derart erleuchtet, geht der Weg in diese oder jene Richtung weiter – oder endet abrupt. Das ist der Fall von Alain Meurat, dem Protagonisten aus Pierre Drieu La Rochelles Roman Das Irrlicht.

Rein medizinisch betrachtet leidet Meurat an Alkoholismus. In einer Entziehungskur versucht er, die Sucht loszuwerden, nutzt aber die erste Gelegenheit für einen Rückfall. In Gedanken und Gesprächen mit Freunden und Geliebten zieht Meurat Bilanz. Unterm Strich bleibt nur der Selbstmord. Darin stimmte der Autor übrigens mit seinem Protagonisten überein und gab sich 1945 in Paris die Kugel.

Als Regisseur Götz Behnke 1987 die Romanverfilmung von Louis Malle sah, berührte ihn vor allem die kühl-melancholische Atmosphäre, in der der Suizid von Meurat weniger Ausdruck einer individuellen Depression als vielmehr Ergebnis einer Gesellschaftsanalyse ist. Schon damals entstand die Idee einer Bühnenfassung. Seit zwei Jahren nennt Götz Behnke seine Theatercombo mit ständig wechselnder Besetzung Karen Carpenter Fan Club in Erinnerung an die Rocksängerin, die sich in den 70er Jahren zu Tode gehungert hat. Selbstmörder interessieren ihn, weil sie „das Scheitern der Kommunikation signalisieren. Gewalt schlägt sich in Beziehungen nieder, anter anderem, weil wir auf Einsamkeit nicht reagieren können. Theater machen heißt, auf diese Verhältnisse einzugehen.“

Als letztes zeigte der Fanclub im Hafenklang Studio Ein Sack Kartoffeln, diesmal gibt es einen „Monolog für zwei Personen“ im Fundbureau. Thomas Roth ist Alain Meurat und Ramona Pertold die Klavierspielerin, der Meurat seine Geschichte erzählt. „Zwei Personen als die kleinste Einheit für wahre Beziehungslosigkeit“, so Behnke. Joachim Dicks

Premiere: Donnerstag, 17. Dezember; weitere Vorstellungen: 18. u. 20. 12., jeweils 21 Uhr, Fundbureau, Stresemannstr. 114, Eintritt 5 Mark