Traube-Institut dient der Atom-Lobby

■ Bremer Energie-Institut, einmal für den Atomkritiker Klaus Traube gegründet, gutachtet für den Verband der Elektrizitätswirtschaft: „Ausstieg behindert den technischen Wandel“

Um eine „neue Energiepolitik“ auch mit Beratungs-Sachverstand fördern zu können, hatte der Bremer Senat, allein von der SPD bestellt, 1990 die Gründung eines „Bremer Energie-Institutes“ (BEI) beschlossen. Es sollte insbesondere eine wissenschaftliche Arbeitsmöglichkeit für Klaus Traube schaffen, dem Atomenergie-Manager, der 1975/76 illegal vom Verfassungsschutz observiert wurde („Lauschangriff“) und sich in den 70er Jahren zum kompetenten Atomenergie-Kritiker entwickelte.

Seit zwei Jahren lebt der inzwischen 70jährige Traube im Ruhestand und engagiert sich als energiepolitischer Sprecher des BUND. Am Dienstag hat sein Nachfolger, der neue Institutsleiter Prof. Wolfgang Pfaffenberger, auf einer Pressekonferenz der „Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke“ (VdEW) in Bonn ein Gutachten vorgestellt, das die VdEW bei ihm bestellt hatte, und mit dem die Atomindustrie gegen die Pläne der rotgrünen Koalition zum Atomausstieg zu Felde ziehen will. Schlußfolgerungen des Geschäftsführers der VdEW, Eberhard Meller, aus dem Gutachten: „Trotz der aktuellen energiepolitischen Diskussionen hat die Kernenergie aus Sicht der deutschen Stromwirtschaft in Deutschland ihre Zukunft noch vor sich.“

Das Bremer Energie-Institut hatte der VdEW für diese Position die Zahlen geliefert: Bis zum Jahre 2030 saldiert, würde das Szenario des Ausstieges 2004 „Mehrkosten von 88 Milliarden Mark“ bringen, erklärte Pfaffenberger, dazu 150.000 Arbeitsplätze und die CO2-Belastung würde sich erhöhen, fossile Brennstoffe würden unnötig verbraucht. „Ausstieg behindert den technischen Wandel“ steht fett im Redemanuskript Pfaffenbergers für die Pressekonferenz der VdEW. Begründung: „Bei einem schnellen Ersatz der Kernkraftwerke“ könnte „nur auf vorhandene Kraftwerkstechnik zurückgegriffen werden, das bedeute „eine Festschreibung der gegenwärtigen Technik“.

Klaus Traube, für den das Bremer Energie-Institut einmal gegründet wurde, meinte gegenüber der taz dazu: „Das ist alles Quatsch.“ Es sei schon „Unsinn“, sich auf eine Summe festzulegen, anstatt eine Spannbreite anzugeben, je nach angenommenen Bedingungen.

Zum Beispiel habe die Berechnung Pfaffenbergers als Ersatz große Kohlekraftwerke und keine modernen Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung angesetzt. Bei der Berechnung der 88 Milliarden Mark seien die Raten über 30 Jahre inklusive der Inflationsraten addiert worden. Das hat Pfaffenberger selbst eingeräumt. Bereinigt komme man nur auf 35 Milliarden Mark. Schließlich habe das Bremer Energie-Institut nur zwei Szenarien gegenübergestellt: Das eines schnellen Ausstieges in fünf Jahren und das der Atomindustrie, Laufzeit 40 Jahre für alle bestehenden Anlagen. Selbst die Grünen hätten das Fünf-Jahres-Szenario nie ernst genommen. Bei zehn Jahren komme man auf ganz andere Zahlen.

Traubes politische Wertung: „Wenn die VdEW eine hohe Zahl herausbekommen will, dann erinnert sie sich gern an alte grüne Papiere.“ Die Atomindustrie, so Traube, könne ihre Kosten selbst am besten berechnen; wenn sie ein Gutachten bestelle, dann nur, um Politik zu machen. Dafür hätte sein Institut sich nicht instrumentalisieren lassen dürfen: „Wenn ich gefragt worden wäre, hätte ich nein gesagt.“ Und er ist sauer: „Daß ein Institut, das gegründet worden ist, um dem mainstream etwas entgegenzusetzen, sich für so etwas hergibt, finde ich übel.“ K.W.