Hymnen an den Nichtsinn

■ „Young Collection“: Unerwarteter Run auf eine Kurzfilmreihe des Filmbüros

Während ihrer Praktika beim ZDF und SAT 1 erlebte Stefanie Donker zur Genüge die Kalkulierbarkeit von Unterhaltung. Wohl irgendwie als Ausgleich setzte sie 1996 vier Paare vor ihre 16mm-Kamera und beschränkte ihren künstlerischen Einsatz aufs Abwarten, vergleichbar dem Biologen vor einer Affenfamilie. Nun zupften sich die vier Paare zwar keine Läuse aus dem Fell, vollbrachten aber ähnlich merkwürdige Tätigkeiten wie Teekochen, Singen oder Späßetreiben. Das belustigte wohl das Kinopublikum deutschlandweit. Nur in Bremen wollte niemand die zeittotschlagenden Homosapiense zeigen. Deshalb war Stefanie Donker – quasi durch den Einfluß höherer Mächte – genötigt, im Interesse ihres filmischen Babys die „Young Collection“ zu gründen. Und so zeigt das Filmbüro, dessen ehrenamtliches Vorstandsmitglied Donker praktischerweise ist, nun schon zum siebenten Mal ein abendfüllendes Kurzfilmprogramm, in dem Filme wie „Paare“ Platz finden. Die sieben, acht Filme werden jeweils von einer dreiköpfigen Jury aus 20 bis 25 Einsendungen ausgewählt. Voraussetzung: Die Filmemacher sollen eher jung und eher (noch) unetabliert sein. Manche Filme haben die übliche Festivaltournee schon hinter sich, andere kommen frisch aus dem Schnittstudio. Die Abendkasse geht an den Publikumsliebling. Und das waren am Mittwoch über 1.100 Mark. Das Kino war so voll, daß man seine Gasmaske gern dabei gehabt hätte – und das ist bemerkenswert.

Denn vor 20 Jahren wurde der Kurzfilm totgesagt, weil er angeblich nicht ins Profil kapitalistischer Filmindustrie passen würde. Die Kinos wollten schlicht keine zusätzliche Kohle zahlen für Vorfilme, sondern lieber ebensolche einnehmen durch Werbung. Wo immer aber irgendwelche Filmfreaks Kurzfilmpakete vorzeigen, setzt der Massenansturm der Endzwanziger im klassisch farbig-farblosen HfK-Outfit ein: Ein gutes Beispiel dafür, daß unsere Marktwirtschaft eben keineswegs alle Konsuminteressen automatisch befriedigt. Manche werden von der Industrie einfach verpennt.

Im Unterschied zu anderen Kurzfilmmixturen ist der Faktor Albernheit in der Young Collection vielleicht einen Hauch höher als üblich, die Faktoren Trash und Ernst dagegen niedriger. Diese Hofierung des Nichtsinns nervt aber nicht. Denn der Aberwitz nistet sich in denkbar unterschiedlichen Genres ein: In einem Straßenräuberkrimi ebenso wie in einer Single-sucht-Partner-Studie. Die Quintessenzen der C&A-Generation sind nicht außerordentlich innovativ: Man erfährt, daß sich Männer beim Anbaggern doof anstellen, daß Esoteriker dummes Zeug daherlabern und daß die Werbung noch immer Liebeskitsch verkauft. Aber die Form! Hemmungslose Verspieltheit und akzeptables Handwerk vermischen sich aufs entzückendste. bk

Nächste „Young Collection“: 3.3.99. Einsendeschluß: 31.1.99. Kontakt: Tel.: 387 67 40