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■ Wirtschaftskabinett beschließt mehrere Projekte / Realisierung teils fragwürdig

Das Bremer Wirtschaftskabinett hat gestern mehrere Beschlüsse zur „dauerhaften Sanierung des Zwei-Städte-Staates“ gefaßt. So sollen Flächen in der Hemelinger, der Arberger und der Mahndorfer Marsch gekauft werden, um dort ein 740 Hektar großes Gewerbegebiet anzusiedeln. Als zweites Projekt wird der „Stadtwerder“ in Angriff genommen – durch Gründung einer Projektgesellschaft aus den Stadtwerken Bremen und der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG). Ziel ist die Erschließung des Wasserwerkgeländes an der Werderstraße mit Stadtvillen und der Ansiedlung von Dienstleistungsgewerbe.

Dann ist die Stadtgemeinde bereit, das Telekom-Gebäude an der Langenstraße zu kaufen, um dort die BIG sowie eine Einkaufspassage unterzubringen. Damit will man die Innenstadt attraktiver gestalten. Und als letztes Projekt stellte das Wirtschaftskabinett gestern seinen Beschluß vor, eine Bremer „Aufbau-Bank“ mit 250 Millionen Mark Eigenkapital zu gründen.

Bei dem Ankauf der Flächen im Bremer Osten ist es dem Wirtschaftskabinett aus Wirtschafts-, Häfen- und Finanzsenator sowie dem Präsidenten des Senats offenbar gelungen, den Widerstand der Bauern über steuerliche Vorteile zu knacken. Wie berichtet, hatte sich die landeseigene Finanzierungsgesellschaft Hibeg anfangs verkalkuliert, da die Grundeigentümer den Preis in die Höhe von Bauland treiben und zwölf Mark pro Quadratmeter nicht akzeptieren wollten. Nun hat man sich auf 16 Mark geeinigt. Grund: Die Bauern profitieren bei einem Verkauf noch in diesem Jahr von der alten Steuerregelung, daß sie bei der Aufgabe dieser landwirtschaftlichen Flächen den Gewinn nicht zu versteuern brauchen. Die Verlierer sind die Hemelinger Bürger, die sich heftig gegen die „Zubetonierung ihres einzigen Naherholungsgebietes“ gewehrt hatten (wir berichteten).

Heftigen Protest erntete das Kabinett zudem von den Bremer Grünen zur geplanten Erschließung des Stadtwerders. Denn dies hat zur Folge, daß die Stadtwerke die Trinkwassergewinnung dort aufgeben. Nach Angaben der umweltpolitischen Sprecherin Lisa Wargalla ist das „ökologische Kahlschlagpolitik“. Das Problem: In Niedersachsen veröden bereits erste Oberflächengewässer, womit die Trinkwassergewinnung in Bremen immer wichtiger wird. „Nicht zuletzt deshalb hat sich Bremen mit sechs Millionen Mark an den Kosten für ein Entsalzungsprogramm beim thüringischen Kaliabbau beteiligt, um die Wasserqualität zu verbessern“, so Wargalla.

Als problematisch erweist sich auch der Beschluß, das alte Telekom-Gebäude zu erwerben. In den vergangenen Monaten waren Bemühungen gescheitert, für das Gebäude kommerzielle Interessenten zu finden. Diese sollten die Parterre-Etage zu einem Geschäftszentrum entwickeln und mit einer Passage die Verbindung von Obernstraße und Schlachte attraktiv gestalten. Nun soll in das Gebäude die Verwaltung der BIG einziehen. Die Landesbank, die ihr Wertpapier-Börsengebäude in dieses Passagen-Konzept einbringen müßte, ist in die aktuellen Entscheidungen allerdings nicht eingebunden. „Jeder entwickelt sein Gebäude selbst“, meinte Landesbank-Immobilienvertreter Axel Weber gegenüber der taz, und das bedeutet für die Landesbank, daß erst einmal nichts passiert: „Wenn die Börse drinbleibt, dann bleibt sie drin.“ Der Mietvertrag laufe fürs erste bis zum Jahre 2004. Ohne den Passagendurchgang zur Obernstraße wäre ein Geschäftszentrum im Telekom-Gebäude der Langenstraße jedoch kaum attraktiv.

Aber die BIG war verweifelt auf der Suche nach einem Domizil. Daß sie nicht selbständig über den Ankauf des Firmensitzes entscheiden konnte, sondern ein Wirtschaftskabinett-Plazet brauchte, hat BIG-Chef Ulrich Keller gegenüber der CDU begründet: Er werde das Gebäude nur übernehmen, wenn das Wirtschaftsressort 20 Millionen Mark zuschieße. Kaufpreis und Sanierung belaufen sich auf etwa 50 Millionen Mark.

Auf heftige Kritik stößt auch die anvisierte Aufbau-Bank. Da diese keiner Kontrolle der Bürgerschaft untersteht, hält dies der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg für nicht verfassungskonform. Nach seinen Angaben ist so etwas zwar auch in anderen Bundesländern vorhanden. „Aber das Verhältnis zwischen Kapital und Gesamthaushalt stimmt in Bremen nicht. Dagegen werden wir notfalls klagen.“ Jeti/K.W.