Stromzwerge brechen Bewag-Monopol

■ Erstmals hat eine Konkurrenzfirma der Bewag eine eigene Stromleitung gebaut, um vom Preisdiktat des Giganten unabhängig zu werden. Greenpeace versammelt 2.000 Haushalte, die ihre Energie bei anderen Liefe

Das Strommonopol der Bewag wankt. Erstmalig hat kürzlich ein Konkurrent eine eigene Leitung in die Erde gelegt, um von der Bewag unabhängig zu sein. Die Blockheizkraftwerk-Betreiber-GmbH (BTB) verbindet mit der 300 Meter langen Stromtrasse ihr Kraftwerk in Adlershof und das Gebäude eines Firmenkunden. Bislang war es ausschließlich der Bewag vorbehalten, durch ihre Kabel Elektrizität zu liefern. Der Bruch des Monopols verschafft Firmen, aber auch privaten Verbrauchern perspektivisch die Möglichkeit, die Stromkosten zu reduzieren.

Die BTB untersucht gegenwärtig, ob es sich lohnt, eine weitere Leitung von zehn Kilometer Länge zu bauen. Das wäre nach Ansicht von BTB-Geschäftsführer Engelbert Giesen allerdings nur die zweitbeste Lösung.

Eigentlich will die BTB den selbst produzierten Strom durch Kabel der Bewag zu den Kunden schicken. Diese Möglichkeit eröffnet das im vergangenen April novellierte Energiewirtschaftsgesetz, das für Wettbewerb auf dem Energiemarkt sorgen soll. Doch die Bewag verlangt nach Angaben der BTB weit überhöhte Preise für die Durchleitung. Bei dem Zehnkilometerkabel solle die Transportgebühr etwa 18 Pfennige pro Kilowattstunde betragen. Die Herstellung des BTB-Stroms dagegen koste höchstens 15 Pfennige. Das Mißverhältnis zeige, daß die Bewag zu hohe Gebühren veranschlage, um Konkurrenz zu verhindern, heißt es bei der BTB.

Bewag-Sprecher Siegfried Knopf weist darauf hin, daß zwar grundsätzlich die Pflicht zur Durchleitung fremden Stroms bestehe. Aber das Unternehmen habe auch das Recht, „den Transport zu verweigern“. Im Gesetz gebe es nämlich eine Ausnahmeregelung für Betriebe wie die Bewag, die umweltfreundliche Energie aus Kraft-Wärme-Kopplung verkaufe oder Braunkohle aus Ostdeutschland verheize.

Ob der Berliner Strommonopolist die gesetzliche Ausnahmeregelung für sich in Anspruch nehmen kann, will die Umweltorganisation Greenpeace demnächst gerichtlich klären lassen. Denn auch Greenpeace hat das Strommonopol der Bewag im Visier. Greenpeace- Mitarbeiter Sven Teske bezweifelt, daß die Bewag derart rigoros die Durchleitung erschweren könne. Das Unternehmen dürfe den Transport nur verweigern, wenn eines ihrer Kraftwerke durch mangelnde Nachfrage in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet sei. Diesen konkreten Nachweis könne die Bewag aber vermutlich nicht bringen.

Bislang haben die Umweltschützer die Adressen von rund 2.000 Berliner Haushalten gesammelt, die ihren Strom nicht mehr von der Bewag beziehen wollen. Diese Freiheit räumt den VerbraucherInnen ebenfalls das novellierte Energiegesetz ein. Greenpeace plant, für die Strom-Dissidenten einen oder mehrere Lieferanten zu suchen, die Solar- oder Windenergie anbieten, und diese Öko-Energie durch die Kabel der Bewag zu pumpen. Das aber ist nur möglich, wenn der Durchleitungspreis nicht zu hoch liegt. Die Umweltschützer haben bereits eine Beschwerde beim Bundeskartellamt gegen die Hamburgischen Elektrizitätswerke eingereicht, ein ähnliches Verfahren in Sachen Bewag dürfte folgen. Hannes Koch