Gelegenheit zum Husten

■ Krachlederner Humor mit Maklern, Haushälterinnen und versoffenen Schauspielern: Jürgen Flimm inszeniert die Theaterpersiflage „Der nackte Wahnsinn“ im Thalia Theater

Mit einer saftigen Erkältung ins Theater zu gehen ist heikel. Man wagt kaum zu atmen und provoziert damit erst recht Husten-Attacken. Kein Problem haben Erkältete derzeit im Thalia Theater bei Michael Frayns Der nackte Wahnsinn. Die Theaterfarce reizte das Premierenpublikum am Sonnabend zu solchen Lachanfällen, daß jedes Hüsterchen darin unterging.

Gegen Ende übertönte das Gegacker im Zuschauerraum sogar die Dialoge auf der Bühne. Doch die waren schon bekannt: Dreimal sehen wir den ersten Akt eines Provinztheaterstücks, dreimal will es sich eine Haushälterin mit einer Dose Sardinen vor dem Fernseher gemütlich machen und wird dabei permanent gestört. Der steuerflüchtige Hausherr mit seiner Ehefrau, ein Makler mit seiner Geliebten, ein Einbrecher – alle wollen sich im vermeintlich leeren Landhaus einquartieren.

Der Witz liegt weniger in der albernen Handlung, sondern in der Veränderung, die das Stück im Stück nach und nach erfährt. Anfangs, bei der Generalprobe, hält der Regisseur (Wolf-Dietrich Spranger) seine etwas zickige Schauspieler-Schäflein noch mit Zuckerbrot und Peitsche in Schach. Aber nach drei Monaten Theatertingeln in der englischen Provinz wirbeln die persönlichen Querelen der Darsteller die nun backstage gezeigte Handlung kräftig durcheinander, bis schließlich bei der letzten Aufführung alles im Chaos versinkt.

Das ganze hektische Durcheinander bringt Jürgen Flimm temporeich und mit viel Lust am Kalauer auf die Bühne. Dietmar König als biederer Makler mit Lockenperücke und Brille, scheint großen Spaß an seiner Rolle zu haben. Auch Michael Altmann als versoffener Schauspieler zeigt mit heruntergelassenen Hosen Mut zum Slapstick, ohne an Würde zu verlieren.

Das meiste allerdings ist purer Klamauk, der sicher nicht jedem liegt. Jürgen Flimm setzt mit dieser deftigen Persiflage auf den Theaterbetrieb den vorletzten Schlußstrich unter seine eigene Theaterkarriere. Vielleicht um noch mal richtig Spaß zu haben, bevor er anschließend ins superernste Opernfach wechselt. Karin Liebe

Nächste Vorstellungen: 23., 25, und 31. Dezember