Gelesenes und Erlesenes
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■ Christian Semler

Alle berufen sich auf die Menschenrechte. Aber Studien, die uns über Ursprünge, Entwicklung und die Geltungsprobleme dieser angeblich „natürlichen“ Rechte aufklären, sind dünn gesät. Jetzt hat der Fischer-Verlag, rechtzeitig zum Jubiläumstag der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, die „Oxford Amnesty Lectures“ von 1994 auf den Markt gebracht. Diese jährlichen Lectures versammelten 1994 Aufsätze (früh)neuzeitlicher Historiker, die den seltenden Vorzug haben, in uns nicht nur hehre Emotionen zu wecken, sondern Neugier, Verblüffung und sogar Amüsement zu fördern.

Aus der Reihe der durchweg originellen Lektionen sei auf drei besonders hingewiesen: Carlo Ginzburgs Studie über die Abhängigkeit moralischer Empfindung von räumlicher wie zeitlicher Distanz; Robert Dartons kurzweiligen Vergleich zwischen der Zensur im Frankreich des Ancien régime und in der DDR und Ian Kershaws Antwort auf die schreckliche Frage, warum in einem Land mit alten rechtsstaatlichen Traditionen nach 1933 jede Spur der Menschenrechte so erfolgreich getilgt werden konnte.

Olwen Hufton (Hg.): „Menschenrechte in der Geschichte“. Fischer- Taschenbuch, 1999, 24,90 DM

Christian Semler ist Autor und arbeitet für die Tageszeitung.Foto: Wolfgang Borrs