Glaubhafte Begründung gefordert

■ Homosexuelle Christen kritisieren Beurlaubung des Dompfarrers

Im Streit um die Beurlaubung von Dompfarrer Martin Beer hat sich nun die Berliner Regionalgruppe der Ökumenischen Arbeitsgruppe „Homosexuelle und Kirche e.V.“ (HuK) mit einem offenen Brief an die Evangelische Kirche der Union (EKU) und die Evangelische Kirche in Berlin- Brandenburg gewandt. In der Berliner HuK sind 43 evangelische und katholische Mitglieder vereint, darunter 8 Pfarrer. Bundesweit sind es 750 Mitglieder.

Dompfarrer Beer, über dessen Homosexualität die Kirchenleitung bei seinem Dienstantritt 1989 Bescheid wußte, war im Mai wegen seiner „dienstlichen und außerdienstlichen Lebensführung“ beurlaubt worden. Im Oktober entschied die EKU aufgrund der Ergebnisse der Ermittlungen, ein Verfahren vor dem Disziplinargericht einzuleiten. Mit einer Eröffnung des Verfahrens ist in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen.

Nach sieben Monaten Zwangspause ist Beer inzwischen für die Einrichtungen der St.-Elisabeth- Stiftung als Seelsorger tätig. Daß Beer diese ChristInnen, jedoch nicht die der Domgemeinde betreuen darf, stößt der HuK auf. Deshalb fordert sie in dem offenen Brief, „glaubhafte Gründe“ dafür mitzuteilen. Weiterhin kritisiert die HuK „die fragwürdigen Ermittlungsmethoden“ und fordert „auf breiter Ebene eine Diskussion“. Sollte sich herausstellen, „daß dem Domprediger wegen seiner Homosexualität Unrecht und Schaden zugefügt worden ist, werden wir nicht ruhen, dieses zu benennen und dafür zu kämpfen, daß sich Gleiches zum Schaden unserer Kirche nicht mehr ereignet“. Weiterhin beklagt die HuK, daß sie „in letzter Zeit zunehmend von ähnlichen Vorgehensweisen gegen schwule Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter gehört“ habe.

Der Pfarrer im Ruhestand, Udo Kelch, Mitverfasser des offenen Briefes, glaubt, daß die Kirchenleitung Beer nicht an der repräsentativen Stelle im Dom haben will. Gemeindekreise vermuten schon länger politische Hintergründe. Demnach soll Beer dem Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, ein Dorn im Auge sein. Denn Beer hatte den ersten Spatenstich und die Grundsteinlegung für das Bundeskanzleramt an der Seite von Helmut Kohl vollzogen und nicht Bischof Huber. Barbara Bollwahn de Paez Casanova