Trotz Mietflaute Trend zum Eigentum

■ Bremens größter Vermieter Gewoba steigert Gewinn durch Verkaufserlöse. Leerstände in Bremerhaven, Tenever und Lüssum

Über einen entspannten Wohnungsmarkt freuen sich Vermieter in der Regel nicht sonderlich. So nannten es die Herren über 67.000 eigene oder verwaltete Wohnungen in Bremen und Bremerhaven denn auch am Dienstag besonders erfreulich, daß ihre Firma, die stadteigene Wohnungsgesellschaft Gewoba, trotz stagnierender oder sinkender Mieten ihr Ergebnis für 1998 verbessern konnte.

Vorstand Werner Teetz zählte drei Faktoren auf, die zum verbesserten Jahresüberschuß von 22 Millionen Mark (Vorjahr 18,7) bei einem Umsatz von 503 Millionen Mark (Vorjahr 487) geführt haben. Neben dem günstigen Zinsniveau haben vor allem „angemessene Mietanpassungen“ – die Mieten in der Neuen Vahr stiegen nach dem Auslaufen der Sozialbindung um 20 Prozent – und „gute Verkaufswergebnisse von in Eigentum umgewandelte Mietwohnungen und Neubauten der Gewoba durch ihr erstes Jahr als Aktiengesellschaft geholfen. Der Börsengang im Jahr 2000 bleibt das erklärte Ziel, der Gewoba-Führung.

460 Mieter haben in diesem Jahr ihre Gewoba-Wohnung gekauft.Im Durchschnitt zahlten sie für jeden Quadratmeter Wohnfläche 2150 Mark. Außerdem veräußerte die Gewoba 60 Wohnungen in neu gebauten Objekten, darunter 40 in Reihenhäusern. „Der Trend zum Eigentum hält an“, sagte Teetz.

Negativ zu Buche schlägt für die Gewoba der Leerstand. In Bremerhaven standen 300 Wohnungen länger als ein halbes Jahr leer. Teetz führte das auf den generellen Einwohnerschwund in Bremerhaven zurück, dessen Bevölkerung in den vergangenen drei Jahren um 5.000 abnahm. „Die Stadt läuft leer“, so der Manager.

Weniger gravierend ist die Situation in Bremen. Die Vermietungssituation sei zwar auch hier schwieriger geworden, sagte Teetz, längerfristigen Leerstand gebe es aber nur in Lüssum und Osterholz-Tenever. Erste Schritte sind eingeleitet, um die Menschen in diesen Stadtteilen zu halten. So sei die Modernisierung in Lüssum fast abgeschlossen, im kommenden Jahr soll das von der Gewoba verwaltete Hochhaus Grohner Düne mit 460 Wohnungen für allein 18 Millionen Mark aufgehübscht werden.

In Tenever bietet das mit der Bauverwaltung vereinbarte „Sozialfenster“ die Möglichkeit, auch Normalverdiener in den 847 Gewoba-Wohnungen zu halten. Mieter, die bisher einen Berechtigungsschein für ihre Sozialwohnung vorlegen mußten, müssen nun nicht mehr regelmäßig ihre Einkommen offenlegen und gegebenenfalls Fehlbelegungsabgabe zahlen. „Das hat jeden kleinen Sozialaufsteiger rausgetrieben“, sagte Teetz. Jetzt bleiben die Mieten in Tenever stabil bei im Durchschnitt sieben Mark pro Quadratmeter.

Über das gesamte Stadtgebiet gesehen zahlen Mieter in preisgebundenen Gewoba-Wohnungen 7,42 Mark, im bindungsfreien Wohnungsbestand kassiert die Gesellschaft im Schnitt 8,07 Mark. Bei Neuvermietungen werden zwischen 8,50 und 14 Mark fällig.

Die Vorstände sind überzeugt, daß hochwerte Bleiben auch weiterhin gut zu vermieten sind: Im Hollergrund, am Rande des Naturschutzgebietes Hollerland, sind von 34 neuen Wohnungen, die zum 1. April 1999 fertig werden, 24 bereits vermietet, zu einem Preis von 12,50 Mark pro Quadratmeter.

Überhaupt spielen für die Nachfolgerin der einstigen Neuen Heimat Sozialwohnungen eine immer geringere Rolle. Inzwischen vermietet die Gewoba drei Viertel ihrer Wohnungen ohne Wohnberechtigungsschein. Entsprechend wurden die Anstrengungen verstärkt, an Normalverdiener heranzukommen. Neben Werbekampagnen wurden auch neue Vertriebswege eingeführt. So ist Bremens größte Wohnungsgesellschaft seit August unter www.gewoba.de im Internet vertreten und zeigt dort auf 300 Seiten aktuelle Miet- und Kaufangebote. Pro Woche klicken sich 950 Besucher auf die Seiten. Immobilienangebote lassen sich neuerdings auch per Fax-Abruf ins Haus holen.

Sichtbares Zeichen der Vertriebsaktivitäten der einstigen Sozialwohnungsfirma sind die beiden Läden in der Bremer Obernstraße und im Columbus-Center von Bremerhaven. Seit das „Gewoba Inforum“ in Bremer im April öffnete, unterschrieben Kunden dort 380 Miet- und 30 Kaufverträge.

Um den Bestand an Wohnungen zu erhalten, ist die Gewoba auch weiterhin im Neubau aktiv. 141 Baubeginne verzeichnete Gewoba-Vorstand Klaus Stadler im ablaufenden Jahr. In Horn-Lehe und Oberneuland baut die Gewoba insgesamt 30 Mietwohnungen, Reihenhäuser und Eigentumswohnungen entstehen in der Neuen Vahr auf dem Gelände des ehemaligen Herbert-Ritze-Bades, in Kattenturm, Huchting und im Hollergrund. Im kommenden Jahr soll der Bau von 133 Wohnungen begonnen werden. Und trotz des Einwohnerschwundes werden erstmals seit langem wieder in Bremerhaven Reihenhäuser gebaut. Denn auch dort geht der Trend, wie in Bremen, zum eigenen Reihenhaus.

jof