■ Die Förderung von Solaranlagen ist kein energiepolitisches Konzept
: Woher kommt der Strom?

Schneller als erwartet bringt Rot-Grün ein Förderprogramm auf den Weg, das 100.000 Solaranlagen finanzieren soll. Damit beendet es den Schwebezustand, in dem sich seit Jahren die Hersteller von Solarzellen befinden. Statt sich von einem kleinen Förderprogramm zum nächsten zu hangeln, können die Unternehmen nun ihre Investitionen planen. Denn das 100.000-Dächer-Programm wird sechs Jahre lang den Absatz der umweltfreundlichen Energieträger sicherstellen. Solch verläßliche Vorgaben hatte die alte Bundesregierung stets zu verhindern gewußt.

Doch der Geldsegen für Solarzellen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß ein energiepolitisches Konzept der neuen Regierung bislang nicht erkennbar ist. Im Gegenteil, erst am Wochenende gab der zuständige Wirtschaftsminister Werner Müller mit dem Vorschlag, mit der Stromrechnung künftig auf freiwilliger Basis einen halben „Zukunftspfennig“ zu kassieren, weitere Rätsel auf. Damit wolle er 2,5 Milliarden Mark einnehmen, um Windstrom wie Braunkohle zu fördern, erklärte er. Der Vorschlag war mit dem Umweltministerium nicht abgesprochen, selbst sein eigener Sprecher wußte davon nur aus der Presse. Und wer bitte zahlt freiwillig mehr für seine Stromrechnung? Und ganz nebenbei stellt er damit die für erneuerbare Energieträger so lebenswichtige Stromeinspeisevergütung in Frage. Daß jetzt 100.000 Solaranlagen auf die Dächer kommen, ist vor allem das Verdienst des SPD-Bundestagsabgeordneten und Solarlobbyisten Hermann Scheer. Unterstützt von den Grünen und einer Handvoll SPD-Abgeordneter drückte er das Förderprogramm im letzten Moment in den Koalitionsvertrag. Vermutlich hätte er es gar nicht durchbekommen, wenn die Verhandlungsführer geahnt hätten, daß das fast eine Milliarde kostet.

Bis der genaue Zeitrahmen für den Atomausstieg feststeht, mag noch ein Jahr vergehen. Doch schon jetzt sollte sich die Bundesregierung Gedanken machen, wie sie diesen Strom ersetzen will. Die Solarenergie wird nur einen verschwindenden Anteil liefern können. Mehr Kohlekraftwerke würden aber das Klimaschutzziel für 2005 gefährden. Es gilt daher, die ganze Breite der erneuerbaren Energien zu fördern und vor allem Energie zu sparen. Das ist immer noch der billigste Weg, das Klima zu schützen. Natürlich ist es noch zu früh, ein detailliertes Konzept zu erwarten. Doch „Zukunftspfennig“ und das Ökosteuer-Hickhack zeigen eindrucksvoll, das sich Rot-Grün noch nicht im Ansatz darüber im klaren ist, wie seine künftige Energiepolitik aussehen soll. Matthias Urbach