Blairs Intimus aus dem Verkehr gezogen

■ Peter Mandelson, britischer Handelsminister und „New Labour“-Architekt, tritt wegen eines dubiosen Privatdarlehens zurück. Ausgerechnet vom Vizechef des Schatzministeriums hatte er sich eine Million Mark geliehen

Dublin (taz) – Der britische Handelsminister Peter Mandelson ist gestern mittag zurückgetreten, nachdem herausgekommen war, daß er vor zwei Jahren einen Millionenkredit zu Sonderkonditionen von einem Kabinettskollegen angenommen hatte. Damit hat Premierminister Tony Blair seinen engsten Vertrauten und wichtigsten Berater verloren.

Mandelson war der Architekt von „New Labour“, er agierte hinter den Kulissen, um die Partei auf gemäßigten Kurs zu bringen. Damit machte er sich im eigenen Lager viele Feinde, wegen seiner oft undurchsichtigen Rolle tauften sie ihn „Prinz der Dunkelheit“, doch Blair ernannte ihn nach Labours Wahlsieg zum Minister ohne Ministerium. Bei der Kabinettsumbildung im Sommer erhielt Mandelson das Ministerium für Industrie und Handel.

Man hatte sich damals gewundert, wie er sich bei einem Abgeordnetengehalt von umgerechnet 120.000 Mark im Monat ein vierstöckiges Haus im eleganten Londoner Stadtteil Notting Hill für 1,4 Millionen Mark leisten konnte. Nun ist es herausgekommen: Der Labour-Finanzstaatssekretär Geoffrey Robinson, ein Multimillionär, hatte ihm 373.000 Pfund – eine Million Mark – zu günstigen Bedingungen geliehen. Bei der Bausparkasse, bei der er sich den Rest borgte, soll er das verschwiegen haben, denn kein Kreditinstitut hätte ihm dann einen Penny geliehen.

Auch der parlamentarische Ausschuß, bei dem die Abgeordneten ihre Geschäftsverbindungen registrieren lassen müssen, wußte von nichts. Selbst Tony Blair erfuhr erst am Donnerstag davon. Sein Sprecher antwortete auf die Frage, wie der Premierminister auf die Nachricht reagiert habe: „Er hat auf seine Uhr geschaut.“

Tory-Chef William Hague sagte, der Ehrenkodex der Labour-Regierung für Transparenz und Information sei das Papier nicht wert, auf das er geschrieben ist. Hätte einer seiner Mitarbeiter ein derartiges Verhalten an den Tag gelegt, hätte er nicht auf dessen Rücktritt gewartet, sondern ihn sofort geschaßt, sagte Hague. Mandelson selbst betonte in seiner Rücktrittserklärung, daß er nichts Unrechtes getan habe, er sei gerade dabei, den Kredit mit Hilfe seiner Mutter in voller Höhe zurückzuzahlen. Doch das Image der Partei sei genauso wichtig wie die Fakten und deshalb wolle er Schaden von der Labour Party abwenden. Blair nahm den Rücktritt an und betonte noch einmal die wichtige Rolle, die Mandelson bei der Reform der Partei gespielt habe. Mandelson werde in Zukunft noch Großes leisten, sagte der Premierminister. Mandelson räumte gestern allerdings ein, daß ihn sein Urteilsvermögen im Stich gelassen habe, als er den Kredit akzeptierte. Auch Blair hat von der Großzügigkeit des Zahlmeisters profitiert, er hat mit seiner Familie zweimal Urlaub in Robinsons umgebautem Kloster in der Toskana gemacht. Robinson ist die zwielichtigste Gestalt in der Labour-Regierung. Er hat dem Parlament wiederholt seine Geschäftsverbindungen verschwiegen, und als seine Unternehmen auf der Kanalinsel Guernsey, einem Steuerparadies, vor kurzem bekannt wurden, mußte er sich entschuldigen.

Die Regierung setzte eine Untersuchung von Robinsons Geschäftsgebaren in Gang, und die wurde ausgerechnet von Mandelsons Ministerium geleitet. Zwar überließ Mandelson den Fall seinem Staatssekretär Michael Scholar, doch er informierte auch ihn nicht über den Privatkredit. Nach Mandelsons Rücktritt war Robinson nicht mehr tragbar. Er mußte gestern nachmittag sein Amt niederlegen.

Ralf Sotscheck Kommentar Seite 12