■ Die Revolution unter dem Gaumen
: Knaller-Schoko kommt limitiert

„Wow, da ist ja eine ganze Kuh drauf!“ Die erste Reaktion des jungen Kollegen, nachdem das lila Papier zurückgeschlagen ward, ist nur der Auftakt zu einem echten Höhepunkt, mit dem die geschätzte Bremer Schokoladenfirma Kraft Jacobs Suchard jüngst ein wenig vorjahreswechselhafte Freude in die dunkle Zeit der taz-Redaktion brachte. Denn gelegentlich hat der Job des Journalisten seine Vorteile. Besonders dann, wenn die Multiplikatoren von der Wirtschaft ausgeschaut werden, um ihre bedeutsamen neuen Produkte dem Volk bekannt zu machen. Gemeinhin weisen wir, ganz journalistisch korrekt, solche obszönen Ansinnen weit von uns. Es sei denn, es handelt sich – wie in diesem Fall – um die bahnbrechendste Neuerung auf dem Süßwarenmarkt seit der Erfindung des Ü-Eis: Knister Q von Milka ist ein echter Knaller.

Der Test: „Ich lutsche, ich kaue nicht“, sprach der Fotograf. Nach genau gestoppten 1:45 Minuten geschieht Unerhörtes: Es knistert im Mund. „Wie leicht unter Strom gestellt. “ Es knackt auch am Gaumen. „Aua, das ist ja unangenehm im Innenohrbereich“, ruft der Kulturschreiber. „Das ist so unglaublich laut und langanhaltend“, japst ein weiterer Tester. „Unterhalten kann man sich dabei nicht und telefonieren auch nicht“. „Wie ein Vibrator im Mund“, sagt eine Kollegin. An eine Perlenkette muß ein anderer Tester denken.

„Das ist so ein bißchen wie Olympia von Ritter Sport“, meint fachfraulich die redaktionäre Schokoladenexpertin. Aber zu früh gefolgert. Denn: „Die britzelt nicht so“. Das Geheimnis: Milka hat in der Schokolade ein Brausepulver-Granulat verpackt.

Ist der, nach Expertenmeinung „schweinesüße“ Schmelz geschmolzen, geht überraschend – „Huch“, rief der zunächst verständnislose Geschäftsführer, „wo ist die Gebrauchsanweisung“ – das Feuerwerk im Mund los wie einst in der Kindheit, als wir Brausetabletten lutschten.

Der Knaller unter den Tafelschokoladen ist jedoch nicht unendlich zu haben. Die Auflage ist auf exklusive zwölf Millionen Tafeln limitiert und soll nur zum Ski-Weltcup, bei dem die lila Milka-Kuh den Hauptsponsor vertritt, verkauft werden, die 100-Gramm-Tafel übrigens für etwa 1,10 Mark.

Aber Vorsicht: „Ich habe Angst, daß mir die Blomben rausfliegen“, jammert eine Kollegin. „Davon kriegt man Karies“, mutmaßt eine andere Probandin. „Geschmacklich ist das überhaupt keine Bereicherung“, stellt die weise Schreiberin abschließend fest, „und wenn ich eine Wunderkerze will, zünde ich mir eine an und nehme sie in die Hand. Die muß ich mir doch nicht in den Mund stecken“.

Für weitere Experimente und Reaktionen reichte leider die eine Kraft von Jacobs Suchard zugesandte Tafel Knister Q – mit ganzen Kühen – nicht aus. Und irgendwann ist auch das längste Gaumenfeuwerwerk zu Ende. Joachim Fahrun