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: Lesen bildet

Manchmal liebe ich die Zeit. Der Inhalt ist stimmig und die Leute, die einen manchmal anrufen und fragen, ob man denn nun sein kostenloses Probeabo (2 Ausgaben, manchmal auch drei) in ein reguläres Abonnement umwandeln wolle, sind auch sehr nett am Telefon und haben dafür Verständnis, daß man die Zeitung nicht weiter beziehen will, weil man seine Zeitungen doch lieber bei Frau Schmitt vom hiesigen Eckkiosk kauft. Von irgendwas muß sie ja auch leben. Außerdem ist es irgendwie menschlicher, seine Zeitungen beim Kiosk zu kaufen.

Renate Schmitt vom Kiosk hier ist ungefähr fünfzig; Helmut Schmidt, der „Lehrmeister der Nation“ (Berliner Zeitung) dagegen ist grad 80 geworden. Während Frau Schmitt ihren Pappenheimern einen bedeutungsvollen „Guten Tag“ zu wünschen pflegt, wenn man um halb zwölf mit einem „Guten Morgen“ ihren Laden betritt, fragt Helmut Schmidt alle männlichen Neuverpflichtungen des hansestädtischen Intelligenzlerblatts, ob sie denn auch „gedient“ hätten, wie Theo Sommer in der letzten Ausgabe der Wochenzeitung bemerkt. „Im Haus“ pflege man den Altkanzler mit Herrn Schmidt bzw. „Helmut“ plus „Sie“ anzureden. Das sei in Hamburg so üblich. Ich kenne das eher vom Supermarkt bzw. der gymnasialen Oberstufe.

Oft ist die Zeit, die man in korrekt aufgeklärten Kreisen gerne als Tante zu bezeichnen pflegt, sehr humorvoll. In der Rubrik „unterm Strich“ nimmt man viele Dinge aufs Korn. Zum Beispiel die Regierungserklärung des mecklenburg- vorpommerischen SPD-Ministerpräsidenten Harald Ringstorff, in der es heißt: „Auch die PDS bekennt sich im Koalitionsvertrag zu dem in der DDR geschehenen politischen Unrecht.“

„Ein zweideutiger Satz ...“ schmunzelt da der Zeitautor Harpprecht und frägt, ob denn das begangene Unrecht nur politisch gewesen sei. Lustig! 2mal lesen bitte! Und auch das „auch“ beachten! Detlef Kuhlbrodt