Haft für Radiobericht

■ Chinesisches Gericht schickt weiteren Bürgerrechtler für Jahre hinter Gitter

Peking (AFP/dpa/taz) – Zum vierten Mal in einer Woche hat Chinas Justiz einen Dissidenten zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Ein Gericht in der Südprovinz Hunan schickte gestern nach Angaben eines Menschenrechtssprechers in Hongkong den 45jährigen Zhang Shanguang wegen „Gefährdung der Staatssicherheit“ für zehn Jahre hinter Gitter. In einem Prozeß hinter verschlossenen Türen befanden die Richter Zhang für schuldig, dem US-Sender Radio Free Asia über Arbeiterunruhen in China berichtet und damit „geheime Informationen“ weitergegeben zu haben.

Der frühere Gymnasiallehrer war bereits Ende Juli wegen Gründung einer Arbeitslosengewerkschaft festgenommen und am 28. August formell inhaftiert worden. Am vergangenen Montag und Dienstag waren drei Mitglieder der verbotenen Demokratischen Partei zu Haftstrafen von 11 und 13 Jahren verurteilt worden. Zhang wurde nach dem Massaker auf dem Tiananmenplatz 1989 erstmals zu 7 Jahren Haft verurteilt, weil er eine Rede gehalten hatte. Das neue Urteil gegen Zhang sei hauptsächlich auf seinen Einsatz in der Arbeitslosenbewegung zurückzuführen, von der die Behörden soziale Unruhen befürchteten, sagte Frank Lu vom Hongkonger Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratiebewegung. In Hongkong protestierten gestern 40 Bürgerrechtler vor der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua gegen das Urteil. In einem offenen Brief an Chinas Präsidenten Jiang Zemin und die UN-Beauftragte für Menschenrechte Mary Robinson forderten 274 Dissidenten Zhangs Freilassung. Er habe nur „normale gesellschaftliche Informationen“ weitergegeben, die selbst das staatliche Fernsehn verbreite.

Noch gestern wollten Dissidenten im Exil vor dem UN-Hauptgebäude in New York einen Hungerstreik beginnen, um gegen die Urteile zu protestieren. han