Die Kriegslust der Kosovo-Befreiungsarmee steigt

■ Die UCK hat sich von einem Haufen Freischärler zur gut organisierten Streitmacht entwickelt

Belgrad (taz) – Statt der erhofften winterlichen Waffenruhe werden im Kosovo Kämpfe niedriger Intensität geführt. Noch kann man, wie es in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) heißt, „lediglich von regionalen Schwerpunkten“ sprechen. Doch vor den Augen der internationalen Gemeinschaft trifft die „Kosovo-Befreiungsarmee“ (UCK) intensive Vorbereitungen für eine „endgültige Auseinandersetzung mit der serbischen Besatzungsmacht“.

Immer weniger ist die UCK eine Schar von militärisch unausgebildeten Freiheitskämpfern. Immer mehr gewinnt die UCK die Merkmale einer gut organisierten Streitmacht. Nach dem Debakel der UCK vor der serbischen Großoffensive im März dieses Jahres tauchte eine kleine Gruppe von ehemaligen Berufsoffizieren der jugoslawischen Armee und der Polizei mit Kampferfahrung aus dem Bürgerkrieg in Slowenien und Kroatien auf. Sie nannte sich „Bewaffnete Streitkräfte der Republik Kosovo“ (FARK) und riß die Macht innerhalb der UCK an sich. Sofort macht sich FARK daran, aus bewaffneten Bauern disziplinierte Soldaten zu machen.

In Belgrad geht man davon aus, daß zur Zeit allein im Norden Albaniens etwa 6.000 UCK-Kämpfer in Lagern und verlassenen Kasernen der albanischen Armee für den Krieg im Kosovo ausgebildet werden. „Im Nordalbanien befindet sich anscheinend eine professionelle militärische Führung der UCK. Die schäbigen Wochenendkämpfer sind nach Hause gegangen, das hier sind disziplinierte Einheiten“, erklärte Dan Everts, Chef der OSZE-Mission in Albanien. Die UCK sehe keine Chance für eine politische Lösung im Kosovo. Die Kriegslust steige.

Die UCK wird von Steuern finanziert, die jeder im Exil lebende Kosovo-Albaner „für die Hilfe im Heimatland“ zahlen muß. Allein in Österreich, wo etwa 30.000 Kosovo-Albaner leben, wurden 15 Millionen Mark eingesammelt. Insgesamt leben im Exil zwischen 300.000 und 400.000 Kosovo-Albaner. Über die Finanzmittel verfügt Bujar Bukoshi, selbsternannter „Premier“ der kosovoalbanischen Exil-Regierung, der immer mehr den gewählten, von der internationalen Gemeinschaft unterstützten Präsidenten der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, verdrängt.

Parallel zur Rückkehr albanischer Flüchtlinge baut die UCK unter dem neuen einheitlichen Kommando eine eigene Machtstruktur auf. Die internationale Gemeinschaft hat es weder geschafft, Belgrad von seinem harten Kurs, noch die UCK von ihrem einzigen Ziel abzubringen: einem unabhängigen Kosovo. Andrej Ivanji