Karstadt-Chef Kirsch geht

■ Der Karstadt-Konzern ruft seinen profilierten Bremer Filialleiter ins Münchener Haupthaus / Was Günter Kirsch vermissen wird? „Das Meer“

Der streitbare Karstadt-Chef Günter Kirsch verläßt Bremen zum Jahresende Richtung München. Monatelang hatte er zuvor vergebens versucht, den Hauptgeschäftsführer des Einzelhandels-Verbandes, Hermann Krauß, „abzuschießen“. Hintergrund: Krauß hat sich mit den Einkaufszentrums-Plänen für das AG Weser-Gelände arrangiert. Zum „Abschied“ kündigte er dem Einzelhandels-Verband den fetten Karstadt-Scheck. Die taz wollte zum Abschied aber über andere Dinge mit Kirsch reden, als über Einzelhandels-Politik.

taz:Sie verlassen Bremen. Was lockt Sie nach München?

Günter Kirsch: Ich gehe ungern aus Norddeutschland weg. Ich hatte seit meiner Jugend Verbindung hierher, mein Vater wohnt noch in Bremerhaven. Ich habe auch eine Affinität zum Wasser.

Schiffe?

Ich habe alle Scheine, um Schiffe im Wind zu bewegen. Aber ich habe das Angebot bekommen, die Nummer Eins von Karstadt in München zu übernehmen, das hat mich noch mal gereizt. Und ich wollte immer schon einmal in Bayern tätig sein. In Bremen liegen 27 Prozent des Umsatzes in der City und integrierten Zentren, in München 60 Prozent. Die machen da eine richtige Zentrumspolitik.

Würde Karstadt nicht auch ein Haus aufmachen auf der grünen Wiese?

Karstadt ist Bremen in Bremen. Es gibt nicht viele größere Unternehmen, die hier eine Geschichte von 96 Jahren haben.

Und das spricht dagegen, auf dem AG Weser-Gelände eine Filiale aufzumachen?

Wir haben uns für Innenstadt entschieden.

Das ist Konzernphilosophie?

Ja, seit Jahrzehnten. Ein zweites Bein hier in Bremen macht auch wirtschaftlich für uns keinen Sinn.

Ein Kaufhaus ist etwas erdverbundenes. Haben Sie Vorstellungen, was man in München verändern muß?

Der Umsatz in München liegt bei einer halben Milliarde ...

... im Vergleich zu Bremen?

... hier sind es 265 Millionen. In München ist Karstadt ähnlich wie in Bremen eine Institution. Es trägt da den Zusatznamen „Oberpollinger“, das ist ein eingefleischtes bayerisches Haus. Alles in einem exzellenten Zustand.

Da ist also nichts mehr zu tun.

Man muß den jahrzehntelangen Erfolg des Hauses weiterführen.

Was erklärt den Erfolg für Karstadt in Bremen im Vergleich zu Nachbar-Kaufhäusern?

Erstens: Karstadt ist Bremen.

Es liegt näher am Marktplatz und hat eine Straßenbahnhaltestelle.

Und es ist verankert in den Herzen der Bremer.

Wie macht man das?

Über viele Generationen muß man gute Leistung bringen. Das ist wie Persil: Damit hat die Großmutter schon gewaschen. So exklusiv mit dem Konzept sind wir ja nicht. Wir haben uns dem Zeitgeist angepaßt, aber man kann bei uns immer noch eine Bohrmaschine kaufen. Das Sortiment ist breit geblieben.

Im Umkehrschluß: Wenn Sie Geschäftsführer von Kaufhof würden, dann wären Sie auch ratlos.

Ach, da gäbe es schon einiges.

Was?

Wenn ich diese Frage öffentlich beantworten würde, würde ich dem Mitbewerber nur einen Vorteil gewähren.

Wenn Hansa Saturn in das Kaufhallen-Gebäude gehen würde...

... das würden wir sehr begrüßen. Wir wollen Wettbewerb – unter fairen Bedingungen. Ein starkes Umfeld bringt mehr Kundendichte und stärkt die Innenstadt.

Sie sind fürs Auto?

Uns könnte es egal sein, ob der Kunde mit der Straßenbahn kommt oder nicht, aber alle Umfragen zeigen: Das Volumen des Umsatzes machen die, die mit dem Auto kommen. Sehen Sie: Auch ein traumhaft schönes Quartier, das „Viertel“, leidet unter dem PKW. Wenn ich durch die schmalen Gassen gehe, denke ich: Wie schön könnte es hier sein, wenn man die Karosserien abräumen würde ...

Das ist ein grüner Ausgangsgedanke.

Ja, aber Sie müssen Strukturen finden, damit die Leute ihr Auto woanders lassen können. Unterirdische Parkflächen, Stapelgaragen. Das würde auch dem Einzelhandel dort gut tun.

Tun Sie so, als hätten Sie drei Wünsche frei für die Bremer City – zum Abschied.

Es gibt alte Pläne, daß man vom Bahnhof aus unterirdisch die Parkhäuser anfahren kann. Heute funktioniert nicht einmal der Abfluß aus dem Parkhaus Mitte. Ich möchte nicht wissen, wieviel Schadstoff bis zur nächsten Ampel ausgestoßen wird. Das ist nur eine Management-Frage! Man muß nicht immer Straßen bauen. Bedarfsgerechte Ampel-Steuerung würde zum Beispiel viel bringen. Das sieht man hier nicht, oder will es nicht sehen.

Keine größeren Wünsche?

Die Straßenbahn sollte raus aus der Obernstraße und in die Martinistraße. Vor allem aber: Die Stadt kommt nie an den Fluß, wenn es nicht gelingt, den Verkehr anders zu behandeln. In Düsseldorf gab es einen vierspurigen Messezubringer am Rhein, der ist nicht mehr da. So ist die Altstadt an den Rhein gekommen. Sowas ist auch in Bremen denkbar. Fragen: K. Wolschner