Der US-Senat debattiert eine harmonische Rüge

Immer weniger Republikaner wollen das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Bill Clinton unterstützen  ■ Von Dorothee Krumpipe

Berlin (taz) – Al Gore war sich sicher: Es sei wahrscheinlicher, daß Präsident Bill Clinton von einem Meteoriten getroffen werde, als daß er wegen der Lewinsky-Affäre zurücktrete, sagte der Vize-Präsident in einem CNN-Interview. Unterdessen scheint auch die Unterstützung für ein Amtsenthebungsverfahren im Senat weiter zu schwinden. Bis der Senat am 6. Januar neu zusammenkommt, diskutieren Republikaner und Demokraten über Möglichkeiten, das Impeachment in eine Rüge abzuschwächen.

Die US-Amerikaner haben sich in Umfragen immer wieder für Clinton ausgesprochen – so daß auch immer mehr Senatoren inzwischen eine einfache Rüge an den Präsidenten befürworten. Erstmals äußerte sich jetzt der einflußreiche demokratische US-Senator Patrick Moynihan zum Amtsenthebungsverfahren. Auch er ist für eine Rüge. Moynihan hatte bislang Clinton für sein Verhalten scharf kritisiert und genießt auch bei den Republikanern hohe Glaubwürdigkeit. Moynihan forderte, man müsse das Amt des Präsidenten schützen: „Diese Institution muß stabil sein“, sonst könnte schnell die ganze Republik ins Wanken geraten. Moynihan und Parteifreund Robert Byrd arbeiten derzeit eine Vorlage für eine Rüge zur Abstimmung im Senat aus.

Die notwendige Mehrheit von 67 Stimmen für eine Amtsenthebung dürfte der Senat ohnehin nicht zustande bringen. Nicht nur, daß alle 55 Republikaner geschlossen gegen Clinton stimmen müßten, es müßten sich auch 12 Demokraten finden, die ihren Präsidenten absetzen wollten. Der Fraktionsführer der Demokraten, Tom Daschle, sagte, es herrsche weitgehend Einigkeit unter den Senatoren, daß eine Bestrafung für Clinton reiche. Dazu sei die Rüge eine „sehr ernste und historisch sehr seltene Bestrafung“. Auch der frühere Sprecher des Präsidenten, Mike McCurry, meint, daß selbst mit einer Rüge immer ein Makel an Clinton hängen bliebe.

Auf ein Verfahren soll aber nicht verzichtet werden. Über die zwei Impeachmentpunkte Meineid und Behinderung der Justiz müsse im Senat debattiert werden, verlangen auch viele Demokraten. „Aber sobald das Verfahren begonnen hat“, sagt der Republikaner Wanye Allard, „ist es leicht möglich, sich auf eine Rüge zu einigen.“ Die könne jederzeit und mit der einfachen Mehrheit von 51 Stimmen entschieden werden. Dafür bräuchten die 45 Demokraten gerade mal sechs Stimmen der Republikaner.

Im Gegensatz zu den wütenden Parteikämpfen im Repräsentantenhaus scheint diese Einigung durchaus wahrscheinlich. Der Senat ist kleiner und gilt als moderater: „Wir werden mehr Zivilisiertheit sehen. Wir werden sehen, wie sich Demokraten und Republikaner gemeinsam um eine Lösung bemühen“, glaubt Daschle.

Niemand will derzeit einen langen Prozeß, da sind sich die Abgeordneten beider Parteien einig: Ein langes Verfahren strafe das Land mehr als den Präsidenten, sagte der Demokrat John Breaux. Es gäbe keinen Grund, daß der Senat Monica Lewinsky oder Linda Tripp in den Zeugenstand beruft. Das würde das Verfahren nur unnötig in die Länge ziehen – es könnte dann drei bis sechs Monate dauern, meint der Republikaner Orrin Hatch. Parteifreund Mitch McConnell bekundete, es sei am besten, wenn es nicht zu einem „öffentlichen Schauprozeß“ käme.