Europol arbeitet ab 1999 mit neuem Computersystem

■ Europäische Polizeizentrale in Den Haag kann künftig Millionen von Datensätzen speichern

Berlin (taz) – Mit Beginn des neuen Jahres bricht in der europäischen Polizeizentrale Europol im niederländischen Den Haag ein neues Zeitalter in der Datenverarbeitung an. Nach jahrelangen Vorarbeiten soll dann der erste Teil des neuen Computersystems TECS (The Europol Computer Systems) in Betrieb genommen werden. Mit der Funktionsfähigkeit des kompletten TECS-Datensystems ist zwar nicht vor dem Jahr 2001 zu rechnen. Doch auch das jetzige, 1997 vereinbarte Interim- Datensystem hat es bereits in sich. Die Testläufe für die „Zwischenlösung“ wurden im Sommer dieses Jahres jedenfalls erfolgreich abgeschlossen.

Insgesamt rund 5.000 Arbeitsdateien mit jeweils mehreren tausend Datensätzen können damit parallel betrieben werden. Darauf lassen Aussagen eines hohen Beamten bei Europol schließen. Das Interim-System entspricht dabei im wesentlichen bereits dem künftigen Analysesystem. Einer der Grundpfeiler von TECS wäre damit bereits weitgehend einsatzbereit.

In den Arbeitsdateien des Analysesystems dürfen neben den Daten von Verurteilten und Verdächtigen zudem auch die von Opfern (auch potentiellen Opfern), von Kontaktpersonen, von (eventuellen) Zeugen sowie von „anderen Personen“ zu Analysezwecken verarbeitet werden. Soweit dies den Europol-Beamten für ihre Analyse notwendig erscheint, können auch Daten zur Gesundheit, sexuellem Verhalten und der Rassenzugehörigkeit solcher Personen erfaßt und gespeichert werden. Die Art der Daten ist somit sehr weit gefaßt.

Für das in der Entwicklung befindliche zweite Standbein von TECS, das Informationssystem, ist gegenwärtig noch eine Kapazität von rund einer Million Datensätzen vorgesehen. Die jedoch dürfte kaum ausreichen, denn seit die Planungen begannen, hat sich die EU allein in Westeuropa bereits vergrößert. Mit der beabsichtigten schrittweisen Erweiterung auf die mittel- und osteuropäischen Staaten wird auch der Bedarf an Speicherkapazitäten weiter zunehmen. Im TECS-Informationssystem werden dann die Daten von Verurteilten, Verdächtigen und potentiell Verdächtigen auf Abruf gehalten.

Während auf das Analysesystem nur Europol-Bedienstete und die Verbindungsbeamten der beteiligten EU-Polizeien ein Zugriffsrecht erhalten, ist für das Informationssystem ein direkter Online-Zugriff für die einzelnen nationalen Polizeien vorgesehen.

Doch nicht nur der Umfang der zukünftig bei Europol zusammengeführten Datensätze ist gigantisch. Auch die Kosten für das neue Computersystem erreichen immer schwindelerregendere Höhen. 1996 wurde vom Bundesinnenministerium auf Anfrage des Bundestagshaushaltsausschusses noch eine Summe von rund 20 Millionen Euro (etwa 40 Millionen Mark) genannt. Unterdessen rechnet man bei Europol bereits mit mindestens 35 Millionen Euro. Otto Diederichs