Bremen macht Front gegen Brustkrebs

■ Sankt Jürgen-Klinik will bundesweites Modellprojekt zur Brustkrebsvorsorge ansiedeln / Entscheidung soll im Februar fallen / Mammakarzinom sehr häufig Todesursache bei Frauen

In Deutschland nimmt nur jede dritte Frau an Untersuchungen zur Krebsvorsorge teil. Doch selbst wenn Krebsvorsorge stattfindet, ist das Untersuchungsergebnis oft mehr als zweifelhaft. Denn die Brustkrebsvorsorge in Deutschland besteht vor allem im Abtasten der Brust – einer höchst unzuverlässigen Methode.

„Unsere Statistik sagt aus, daß bei 87.500 Untersuchungen in Bremen 1.225 verdächtige Befunde aufgetreten sind“, sagt der Sprecher der hiesigen Gesundheitsbehörde, Holger Bruns. Allerdings hätten sich davon am Ende 96 Prozent als harmlos-unverdächtig herausgestellt. „Das heißt, die jetzige Art der Vorsorge tut vor allem eins: Sie versetzt viele Frauen unnötig in Angst und Schrecken.“ Das will Bremen künftig ändern.

Ein Zusammenschluß verschiedener Bremer Einrichtungen bewirbt sich deshalb darum, Modellprojekt zur Früherkennung von Brustkrebs zu werden. Statt des unsicheren Abtastens soll künftig vorbeugend geröntgt und aus den Ergebnissen neue Vorbeugekonzepte entwickelt werden.

Der Antrag, eines von bundesweit drei „Mammazentren“ zur Früherkennung zu werden, liegt bereits bei der kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Dachverbänden der Krankenkassen. Falls diese bis Februar zugunsten Bremens entscheiden, hätten Bremerinnen künftig deutlich bessere Aussichten darauf, daß ein mögliches Mammakarzinom bereits in frühem Stadium entdeckt wird. Das erhöht die Chance auf Heilung – und auf Überleben: 50 Prozent aller Todesfälle bei Frauen zwischen 45 und 65 Jahren gehen auf Krebs zurück. Häufigste Krebsform ist dabei das Mammakarzinom.

An den Plänen für ein solches Zentrum, das im Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Straße und auch im ZKH Nord angesiedelt werden soll, haben neben der Gesundheitsbehörde auch die kassenärztliche Vereinigung, die Krebsgesellschaft, das Bremer Institut zur Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) sowie die Krankenkassen mitgewirkt. Die Kassen sollen den Großteil der Kosten von rund acht Millionen Mark für das auf drei Jahre befristete Projekt tragen. Entsprechend herrsche dort noch Zurückhaltung, berichten Insider. Hier werde die Gesundheitsbehörde, falls Bremen den Zuschlag bekommt, „noch ein bißchen einwirken“ müssen. Die Leitung des Projektes liegt beim Bremer Forschungszentrum MeVis, das schon länger an Systemen zur Früherkennung und zur digitalen Auswertung von Mammographiebefunden arbeitet.

Allerdings: Nur Bremerinnen zwischen 50 und 69 Jahren sollen an der flächendeckenden, vorbeugenden Brustdurchleuchtung, der Screening-Mammographie, teilnehmen können. Der Grund: Nur bei ihnen bestehen wirkliche Heilungschancen. „Es hat sich gezeigt, daß Frauen unter 50 nicht mit einer verbesserten Überlebenschance rechnen können, wenn ihr Mammakarzinom durch Screening erkannt worden ist“, nimmt der Arbeitskreis Frauengesundheit Stellung. Aus dieser Richtung kamen auch die Anstöße, ein wie in Bremen geplantes Screening nicht nur als Symptom-Such-Angelegenheit zu betrachten. So gilt als eine Besonderheit des Modells, daß nicht nur Untersuchung, Diagnose und Therapie in einem Zusammenhang gesehen werden. Forscher der Bremer Uni sollen auch die psychologischen Folgen einer solchen medizinischen Dauerbehandlung untersuchen. ede