Kommentar
: Dummes Konzept

■ Die Internationale Funkausstellung hat sich überlebt

Internationale Funkausstellung: Schwitzend quält sich die Masse durch hochsommerlich brütende Messehallen, um alles Neue zu bestaunen, vom Auto-Hifi-System bis zum ZDF-online-Angebot. Möglichst viel sehen – und ja nicht fragen, ob man jemals ein badewannenkompatibles Bildtelefon (Halle 4.1) oder ein tönendes elektronisches Fotoalbum (Halle 25) brauchen wird. Der praktische Nutzen ergibt sich ohnehin traditionsgemäß daraus, möglichst viele Telekom-Plüschtiere oder Kühlschrankmagneten von Arte in die Plastiktüte zu hamstern.

So läuft der IFA-Irsinn. Ob er sich rechnet, das haben sich Technikhersteller und Fernsehsender bisher nie gefragt. Amüsiert guckte Pro-7-Chef Georg Kofler in der VIP-Lounge seines Senders zu, wie sich Manager und Journalisten auf seine Kosten mit Sekt und weißer Mousse au chocolat abfüllten.

Nun sehen sie nicht mehr zu: zumindest die privaten Fernsehunternehmen haben genug. Nicht, daß die IFA etwas anders gemacht hätte. Die Messe hat für die Aussteller genauso wenig wirtschaftlichen Nutzen wie vorher. Jedoch ist das Privatfernsehen hierzulande inzwischen in der Konsolidierungsphase. Die Konzernherren wollen endlich Gewinne sehen. Sendungen müssen her, die weniger kosten als vielmehr Quote und Werbeeinnahmen einbringen. Was nicht refinanzierbar ist, fliegt aus dem Programm, bloß einige Höhepunkte wie der Sat.1-Fußball oder die Formel 1 bei RTL bleiben. Die sind eigentlich auch zu teuer, prägen dafür aber das Sender-Image. Die Zuschauer werden von den Unternehmen dann nur noch ins Studio eingeladen, zur Besichtigung und zum Maskottchenkauf. Und um Werbekunden wird bei kleinen Treffen oder exklusiven Fachveranstaltungen gebuhlt.

Millioneninvestitionen für Werbegeschenke und Hallenmieten bei der IFA passen nicht in diese Rechnungen. Denn eine Veranstaltung, bei der sich weder das Bild bei den Zuschauern noch bei den Werbekunden schärfen läßt, hat wirtschaftlich keinen Sinn. So einfach ist das: Niemand wird sich nach der IFA erinnern, welcher Sender beim Gezappe am Funkturm wo aufgetaucht ist. Alles und dabei nichts – ein dummes Konzept, das sich überlebt hat. Georg Löwisch