Ein Fossil zieht sich zurück

■ Beim Hamburger SV hat sich in einem Jahr alles gewandelt: Neues Stadion, neue Strukturen, neue Gesichter

Uwe Seeler tauchte bei der Mitgliederversammlung des Hamburger SV im November gar nicht erst auf. Der letzte Präsident des Vereins an der Rothenbaumchaussee hatte schon längst resigniert. Dieser Verein, dessen Idol er immerhin ist, hat nur noch wenig mit dem HSV zu tun, den seine Generation kannte. Heute entscheidet ein Vorstand über alle Belange im Klub, ein Aufsichtsrat kontrolliert ihn. Die Geschäftsstelle ist jüngst von der Traditionsadresse ins neue Stadion im Volkspark gezogen.

Seeler gab zu, daß er auf die falschen Freunde gehört hat. Auf seine Vize-Präsidenten Volker Lange und Harry Bähre und auf den Schatzmeister Jürgen Engel, der im November zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, weil er dem HSV Provisionen in Rechnung gestellt hat, die er nicht hätte kassieren dürfen. Im Frühjahr gab „Uns Uwe“ nur folgerichtig seinen Rücktritt bekannt.

Seitdem ist alles anders. Der HSV spielt zwar als einziger Klub ununterbrochen in der Bundesliga. Der Stadionneubau ist aber nur finanzierbar, weil sich der Verein an den Generalvermarkter Ufa Sports verkauft hat. Geschäftsleute regieren jetzt, in zwei Jahren soll die HSV-Aktie an der Hamburger Börse gehandelt werden. Aus dem Sportverein ist ein Unternehmen mit einem Umsatz von 52 Millionen und Schulden in Höhe von 170 Millionen Mark geworden.

Nur Uwe Seeler hat sich von seinem Klub zurückgezogen. Ein Fossil aus alten Tagen.

Eberhard Spohd