Götz, gestrig

Eigentlich hatte Götz Friedrich allen Grund, das Jahr voller Optimismus zu beginnen. Schließlich hatte ihm der Kultursenator gerade den Vertrag bis ins Jahr 2002 verlängert. Daß Kritiker schon damals unkten, damit beweise die Politik genau jene Ignoranz, die Friedrich ihr so gerne unterstelle – das konnte der Intendant der Deutschen Oper, seit 1981 im Amt, gerade noch überhören.

Doch im Mai brach die Macht des Schicksals über ihn herein: Urplötzlich wies die Opernbilanz ein Defizit in Millionenhöhe aus. Der selbstherrliche Intendant hatte jahrelang gewirtschaftet wie zu fetten Selbstberliner Zeiten, der zuständige Senator hatte zugesehen. Friedrich wechselte von der Heldenrolle ins tragische Fach. Er durfte zwar bleiben, aber kaum noch bestimmen. Ein „geschäftsführender Direktor“ kontrolliert seither die Kasse des einst allmächtigen Hausherrn.

Im Herbst schien sich die Lage zu stabilisieren, doch pünktlich zu Weihnachten ereilte eine neue Bescherung den glücklosen Regisseur: Das Orchester, an dessen Gehältern er vor allem hatte sparen wollen, meldete sich krank. Das Ballett tanzte zum Tonband, „Salome“ mußte das Bett hüten. Den Generalmusikdirektor Christian Thielemann, ohnehin schon zum Intimfeind des Intendanten mutiert, erfreute das nicht.

Daheim ausgepfiffen, kann sich Friedrich auch bei Auswärtsspielen nicht mehr erholen: Sein Münchner „Lohengrin“, der erst im Januar Premiere hat, gilt selbst den ästhetisch rückständigen Bayern schon vorab als „absolute Vorgestrigkeit“. rab