Happy New Euro!

■ Heute um Mitternacht beginnt die D-Mark langsam zu verschwinden. Zwar bleiben uns die alten Scheine und Münzen erhalten, doch die Mark ist nicht mehr eigenständig

Berlin (taz) – Fünfzig Jahre und 195 Tage nach ihrer Geburt scheidet heute um Mitternacht die Deutsche Mark als eigenständige Währung dahin. Der Staatenbund EU, der vor 48 Jahren als Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl das Licht der Welt erblickte, tritt als Wirtschafts- und Währungsunion in eine neue Ära.

Heute um 12.30 Uhr besiegeln die europäischen EU-Finanzminister das Schicksal der D-Mark: Ein für allemal wird deren Wechselkurs zum künftigen Fixstern Euro auf die fünfte Stelle hinter dem Komma genau festgelegt. Dann wird ein Euro knapp zwei Mark (genauer 1,96 Mark) wert sein – gerade so, wie seit 1877 ein Kilogramm zwei Pfund sind. So wie das Pfund als offizielles Gewichtsmaß aufgehört hat zu existieren, wird im Jahr 2002 auch die D-Mark verschwinden – und mit ihr die Währungen Frankreichs, der Benelux-Länder sowie von Österreich, Italien, Spanien, Portugal, Schweden und Irland.

Daß heute überhaupt noch gerechnet werden muß, obwohl doch schon Anfang Mai die Wechselkurse der elf Euroländer untereinander festgelegt wurden (Vielreisende lernen bitte untenstehende Tabelle auswendig), daran ist der Ecu schuld. Ein Euro, so ist es längst beschlossen, ist nämlich genau ein Ecu. In dieser europäischen Korbwährung sind aber auch diejenigen EU-Währungen vertreten, die gar nicht bei der Währungsunion dabei sind, wie Drachme und Dänen-Krone. Da deren Kurse weiterhin schwanken, ist der Ecu- Kurs im Verhältnis zu den Euro-Währungen nicht stabil und muß heute „gefixt“ werden. Die neutrale Vergleichswährung dafür ist der US-Dollar.

Nur einer fehlt bei dem feierlichen Akt, der in Brüssel mit 3.000 aufsteigenden Luftballons zelebriert wird: ausgerechnet der deutsche Finanzminister Oskar Lafontaine. Er schickt Wirtschaftsminister Werner Müller als Urlaubsvertretung. Schon um 15 Uhr werden die Umrechnungskurse der elf Teilnehmerwährungen zum Euro im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Ab Mitternacht kann auf den Euro angestoßen werden – allerdings ohne dessen Beisein, denn in den Händen halten wird man die neue Währung erst in drei Jahren.

Was kommt 1999? Zunächst einmal viel Arbeit für Mitarbeiter von Banken und Börsen. Allein bei Deutscher Bank, der Dresdner Bank und der Commerzbank sind rund 5.000 Mitarbeiter über Neujahr in mehreren Schichten beschäftigt, um Computerprogramme umzustellen. Nur in der Finanzwelt wird der Euro von Beginn an eine Rolle spielen. Den Anfang macht die erste Börse hinter der Datumsgrenze: die in Sydney. Dort rechnet man mit kräftigen Euro-Orders aus Japan, die den Kurs der neuen Währung gleich ansteigen lassen könnten.

Schon gestern nahm die Frankfurter Börse Abschied von der Mark. Ab dem 4.Januar, dem ersten Handelstag des Euro-Zeitalters, werden dort Aktien und Wertpapiere nicht mehr in D-Mark, sondern nur noch in Euro notiert. Eine DaimlerChrysler-Aktie kostet dann nicht mehr 164,50 Mark wie gestern, sondern, gleichbleibende Kurse vorausgesetzt, 83,92 Euro. Am Deutschen Aktienindex Dax ändert sich zwar nichts, weil er in Punkten und nicht in Mark gemessen wird. Nicola Liebert