Kinder unbefleckter Empfängnis? –betr.: „Warum Clinton zurücktreten sollte“, Kommentar von Bernd Pickert, „Gott schütze uns vor Amerika“ von Jürgen Gottschlich, taz vom 21. 12. 98

Die neuen Tugendwächter der Hauptstadt- und Regierungs-taz schlagen zu: Bernd Pickert weiß auf Seite 1, daß Bill Clinton „zum guten Teil Opfer (...) letztendlich auch seiner Charakterlosigkeit“ sei, Jürgen Gottschlich auf der Seite „Meinung und Diskussion“, daß er „sich mit einer zerrütteten Ehe in seine Privatleben zurückziehen“ müsse. Charakterlosigkeit, zerrüttete Ehe (man sage dies rüttelnde Wort nur einmal einem Kreuzbergler aus seligen Hausbesetzerzeiten!) – da lese ich doch in dem von Martin Heidegger so hoch geschätzten Büchlein „Hermann Göring. Ein Lebensbild“ von Martin H. Sommerfeldt, 3. erw. Auflage, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin 1932 auf Seite 72 über den preußischen Polizeiminister: „Hier steht ein Mann, der – wahrhaftig nicht prüde – sich nicht fürchtet, eine Schweinerei – Schweinerei zu nennen. Ein Mann, der einen leidenschaftlichen Feldzug unternimmt gegen allen Schmutz, Schund und ordinäre Gemeinheit, die die saubre Stadt Berlin degradiert haben zur traurigen Konkurrenz von Paris, (...) zur höllischen Gefahr für Deutschlands Jugend. ,Ich werde diese Lokale, diese Brutstätten ekelhafter Laster, ausbrennen! Berlin soll wieder eine anständige Stadt sein (...)!'“

Sagt mal, habt ihr Probleme, am Ende Berlinprobleme, oder wollt ihr euch nur zu Weihnachten mal eben schnell als Kinder der unbefleckten Empfängnis stilisieren? Rainer Marten, Freiburg