"Die UCK macht sich keine Illusionen"

■ Adem Demaci, der Sprecher der kosovo-albanischen Guerilla, dementiert, daß die UCK den Waffenstillstand aufgekündigt hat. Er geht davon aus, daß die waffentechnisch überlegenen Serben mit einem neuen

taz: Die UCK hat am 24. Dezember den Waffenstillstand aufgekündigt. Heißt daß, daß sie nun angreifen wird, wo immer es ihr paßt?

Adem Demaci: Die UCK erklärte den Waffenstillstand noch nicht für beendet, aber sie brachte ihren Ärger und ihre Enttäuschung über das serbische Regime zum Ausdruck, das die Übereinkunft verletzt, die es unterzeichnet hat, und auch über die westlichen Mächte, die nicht fähig sind, Milošević zur Einhaltung seiner eingegangenen Verpflichtungen zu zwingen. Die UCK brachte zum Ausdruck, daß sie jederzeit bereit ist, sich zu verteidigen.

Also gab es keine Aufkündigung des Waffenstillstands?

Ich habe die Frage gerade beantwortet.

Eine politische Lösung für den Kosovo-Konflikt ist derzeit nicht in Sicht. Droht in diesem Frühling ein neuer Krieg?

Die UCK macht sich keine Illusionen: Das serbische Regime wird nicht den Frühling abwarten.

Glauben Sie denn, daß die UCK irgendeine Chance hat, den Krieg zu gewinnen? Besteht nicht vielmehr die Gefahr, daß bei einem neuen Krieg die serbischen Sicherheitskräfte weitere Dörfer zerstören und wieder Menschen in die Flucht treiben werden und die UCK dann doch an Unterstützung verliert, weil die Leute schließlich ja doch irgendwie überleben wollen?

Die Serben sind uns waffentechnisch überlegen. Wir haben zur Zeit nur leichte Waffen, aber ein Volk, das unsere Armee unterstützt. Die UCK wurde von diesem Volk geboren, und deshalb untersützt dieses Volk die UCK. Denn all ihre Soldaten sind Kinder dieses Volkes. Die Serben haben in der Tat viele Dörfer zerstört. Das ist der Preis, den die Albaner bereit sind, für ihre Unabhängigkeit zu zahlen. Wir haben jahrelang auf einen andern Weg gesetzt, jahrelang auf eine politische Lösung gewartet. 1996 erst hat die UCK die ersten Anschläge verübt.

Das albanische Parlament in Tirana hat jüngst wieder eine Intervention der Nato gefordert. Unterstützt die UCK diese Forderung?

Das albanische Parlament liegt da ganz richtig. Es wäre gut, wenn unsere amerikanischen und europäischen Freunde militärische Stützpunkte in Serbien attackieren würden.

Stellt die UCK Bedingungen für Verhandlungen?

Ja, das serbische Regime muß die Attacken gegen die Albaner einstellen, alle politischen Gefangenen freilassen, für die zugefügten materiellen Schäden aufkommen und allen Albanern die Rückkehr in den Kosovo erlauben. Dann kann es seriöse Verhandlungen geben.

Bevor Sie Sprecher der UCK wurden, haben Sie ein „Balkania“ vorgeschlagen, eine Föderation aus drei gleichberechtigten Einheiten: Serbien, Montenegro und Kosovo. Ist das noch eine reelle Perspektive? Und was sagt die UCK dazu?

Der Generalstab der UCK hat diesen Vorschlag von mir zunächst rundweg abgelehnt, es gibt aber in der UCK Strömungen, die das unterstützen, doch es gibt auch die Angst, die Unterstützung der Massen zu verlieren. Deshalb die Forderung nach Unabhängigkeit.

Ich kooperiere mit dem Generalstab. Ich repräsentiere die weiche Linie des Widerstands, er die harte. Wir sind bereit, nach einer politischen Lösung zu suchen. Wenn die Serben uns aber nicht zuhören wollen, werden wir kämpfen. Interview: Thomas Schmid