Messias, Dein Name sei Magath

Eine sportive Jahresrückblicks- und –ausblicks-Predigt, den heimischen Fußballverein betreffend. Zur Fangemeinde spricht  ■ Jochen „der Täufer“
Grabler

Brüder und Schwestern in Werderam, wir wollen beten. Oh Fußballgott, DU irgendwie dann doch gerechter. Manchmal. Sieh herab auf DEine unwürdigen Jünger und Jüngerinnen. DEin verblendetes Volk steht vor Dir, Buße zu tun im Angesicht DEines eingeborenen Sohns. ER, den DU uns gesandt hast.

Siehe, DEin Volk kniet nieder – ach was! – es wirft sich in den Staub des Fünfmeterraums, Abbitte zu leisten. Wir Kleingläubigen, die wir IHM doch so nachhaltig gelästert haben in Gedanken, Wort, Schrift und losen Reden. Die wir den dümmsten aller Propheten (Sat 1 undsoweiter) nachgeplappert haben die böse Mär vom Schleifer, harten Hund und Saddam. Die wir gehuldigt haben fremden Götzen, die da hießen Finke und meinetwegen Toppmöller, und ehedem getanzt sind ums goldene Kalb Pagelsdorf. Jaja, auch das, peinlich genug. Oh Fußballgott, vergib uns Fehlbaren! IHM soll nun all unser Respekt, ja irgendwie auch Zuneigung gehören hinfort und immerdar. Auf ewig wollen wir glauben an IHN. Messias, Dein Name sei Magath. Amen.

Brüder und Schwestern in Werderam. Schauen wir zurück. Auf ein Jahr voller Prüfungen. Aber auch auf ein Jahr voller Glaube, Liebe, Hoffnung. Wie haben wir unser Gewissen geprüft, ob wir nach einer derart verschrabbelten Saison nicht doch lieber des Nächsten Weib, Fernsehdecoder oder Fahrzeug begehren sollten, statt wie nach alter Väter Sitte jegliche Barschaft in den vereinseigenen Opferstock zu werfen, auf daß uns wieder die Gnade einer Dauerkarte zuteil werden möge. Was haben wir geglaubt, daß der Blonde nun (wie hieß der noch?), weil besser als der Dörner ist der doch allemal, und das mit dem kleinen Kader wird schon irgendwie. Was haben wir geliebt. Quasi jeden, der in der Lage war, das Spielgerät in den Reihen der Seinen, also der Unsrigen zu halten.

Geübt haben wir uns in Demut und Bescheidenheit, so sehr, daß uns der UI-Cup schon deuchte wie der Himmel auf grün bewachsener (und neuerdings beheizter) Erden. Und gehofft, daß unsere geschundenen Augen fürderhin nimmermehr des fußballerischen Elends schauen müssen. So gehofft, daß wir die Jünger in den heimischen Leibchen nicht mehr lautstark würden zeihen müssen des Quer-, Fehl- und Daddelpasses – „Ihr seid zu blöd!!!“

Aber, Brüder und Schwestern, die Zeit der Prüfungen war noch nicht vorbei. Als habe sich der Leibhaftige persönlich die unsrigen Farben angetan und das stollenbewehrte Schuhwerk an den der Ballfertigkeit eher hinderlichen Huf geschnürt, all unser Sehnen ins Verderben zu stürzen. Wir haben es getragen, dies Schicksal, Jahr um Jahr – und letztes Jahr eben auch.

Brüder und Schwestern, wir wandten uns und sahen, was sich unter der Sonne – oder dem Flutlicht meinetwegen, zutrug. Wer unter uns wagt es, den Blick zu wenden und noch einmal anzusehn das spielerische Sodom und Gomorrha – und nicht zu erstarren wie weiland Frau Lot zur Salzsäule. Vor all dem Elend und Durcheinander. Brann Bergen (das Hinspiel), oh, die Fang-den-Ball-Versuche des Herrn Rost (Patschplumpsgegentor) ebenso, wie die Toreerziel-Tests einer skandinavischen Schrankwand, den dreifach fleischgewordenen Mißmut alpiner Herkunft, des Übungsleiters Interviews, dessen kunterbunte Aufstellungen, nech.

Bis keiner der Unsrigen mehr wußte, wohin er sich auf dem Felde wenden sollte – und den Ball wollte eh keiner haben. Weh und Ach über die Verwirrung im Geiste und in den Beinen, die so groß war, daß selbst der Festeste im Glauben, St. Dieter, nicht mehr vor und zurück wußte. Bis wir dann endlich auf dem allerletzten aller Plätze standen.

Und es hob an ein Murren in der Gemeinde, das sich richtete gegen die Ältesten und Willi vom Kollektendienst. Da war viel Eitles unter den Menschen, und dermaßen keine Ahnung, was zu tun wäre. So viele der Tapfersten habt ihr ziehen lassen, so klagte das Volk. Und die Ältesten und Willi vom Kollektendienst ließen sich versuchen und präsentierten der Gemeinde einen neuen Jünger, der der beste aller sein und das grausame Schicksal wenden sollte – und war doch gar kein wiedergeborener Rudi, sondern nur ein stationäres Südland-Pummelchen.

Hallelujah! Brüder und Schwestern, hallelujah! Da war so viel des Leids, daß der Fußballgott ein Einsehen hatte und seinen eingeborenen Sohn herunterschickte vom Berg Nürn in den tristen norddeutschen Tabellensumpf, die Unsrigen aus dem selbigen zu ziehen. Die Gemeinde aber zitterte – vor Angst und vor Lachen – und goß Hohn und Spott aus, geblendet von so vielen falschen Propheten.

Der Messias aber sprach: Fürchtet Euch nicht! Die Mannschaft ist zwar nicht gerade der Brüller, auch wenn das alle denken, aber das kriegen wir schon hin. Folget mir und meinen Geboten, und ihr sollt Gnade erfahren: 1. Eine Kuh kann keine Eier legen, ein Stürmer nicht verteidigen. Ein jeder bleibe also auf seinem Platz, dort, wo ich ihn hingestellt habe. Des Umeinanderlaufens ist ein Ende. 2. Im Schweiße eures Angesichts sollt ihr euer Brot verdienen. Geschwitzt wird 40 Stunden in der Woche. 3. Ihr sollt nicht alles durcheinandertrinken. 4. Des Redens ist ein Ende. Versucht's mal mit Laufen. 5. Ein jeder hat seine Chance. 6. Guckt Euch halt den Dieter an. 7. Ihr seid längst nicht so gut, wie Ihr denkt und Euch die Schreiber einreden wollen. 8. Das Spiel verlangt Disziplin. Wer die nicht aufbringt, hat den Beruf verfehlt. 9. Wo ist meine Thermoskanne? 10. Noch eins: Wer nicht spurt, kann gehen.

Und alles wird gut. Hallelujah!