■ Linguisten helfen Kosumenten
: Wege aus dem Faltzettel

Trier (taz) – Wirklich ärgerlich war der Fall mit dem Rolladenhebegerät. Die alte Dame hatte es erworben, weil das Ding vollautomatische Hilfe versprach. Nach dem Einbau stimmte bloß die Schaltuhr nicht so recht: Die Rolladen senkten sich am hellichten Tag und gingen abends brav nach oben. Erst recht im dunkeln tappte die Käuferin, als sie nachlas, wie so ein Rolladenheber funktioniert. Der Anruf beim Trierer Verbrauchertelefon für unverständliche Gebrauchsanweisungen half weiter. Unter 0651-2012332 gibt es dort in der ersten Januarwoche täglich Beratung – ein Service für weihnachtliche Opfer von unbrauchbaren Texten.

Der Initiator und Linguist Wolf- Andreas Liebert von der Uni Trier kann nur ahnen, wie viele Bluträusche und Tränen schon verursacht wurden, weil Beschenkte nach dem frohen Auspacken nicht mehr durchblicken. Das neue Video, das hochgelobte Faxgerät, die Magnetfeldtherapiedecke – geht nicht. Die bedruckte Beilage – ein Kauderwelsch. „Gebrauchsanweisungen sind das beste Beispiel für die Sprache der Gegenwart“, sagt der Germanist. „Die Technik hält immer mehr Einzug, wird aber von Spezialisten beschrieben, die häufig kein Gefühl für allgemeine Verständlichkeit haben.“ So komme es zu Verkomplizierungen, die oft genug nicht nur alte Menschen nerven. „Der Einstellungsvorgang endet durch Schließen der Klappe K“, stehe da zu einem Blutzuckermeßgerät. Wenn man sich den Apparat näher anschaue, lasse sich das Ganze auch in wenigen schlichten Worten vermitteln. Ratlos sind Liebert und seine Studenten allerdings, wenn wichtige Informationen im Faltzettel gar nicht erst auftauchen.

Versagt die Industrie an dieser Schnittstelle zum Verbraucher? Liebert über die sprachlichen Fehlleistungen ungezählter Firmen: „Manche wollen für eine gute Gebrauchsanweisung nicht viel investieren – auch wenn sie nur ein Prozent der Produktentwicklung kostet.“

Auch viele Kunden wüßten eine klare verbale Präsentation ihrer Neuanschaffungen nicht zu schätzen. „Eher guckt man auf den Preis.“ Wenn dann das preiswerte High-Tech-Objekt nicht funktioniere, hätten viele keine Lust, sich beim Hersteller zu beschweren.

Das wiederum findet der Sprachwissenschaftler durchaus verständlich. „Wer wegen schlechter Gebrauchsanweisung ein Unternehmen anruft, gerät oft in endlose Warteschleifen, und am Ende wird man unfreundlich abgefertigt. Franz Schiffer