Ambulante Pflege verkürzt Klinikaufenthalte

■ taz-Serie über Berliner Krankenhäuser (Teil 2): Im Lichtenberger Kinderkrankenhaus Lindenhof hat ein privater Pflegedienst sein Büro, der kranke Kinder und ihre Eltern betreut

„Nehmen wir ein Kind wie Moritz“ Name geändert), sagt Doris Stobbe. Der drei Monate alte Knirps, erzählt die Kinderkrankenschwester, ist mit einem schweren Herzfehler zur Welt gekommen, er erbricht sich häufig, seit seiner Geburt hat er das Krankenhaus noch nicht verlassen. Doch die Eltern wollen, daß ihr Sohn endlich nach Hause kommt. „Der Kleine wird zum Teil über eine Sonde ernährt und muß mehrfach am Tag ganz genaue Dosen unterschiedlicher Medikamenten nehmen“, sagt Stobbe. „Bei seiner Pflege muß man auf so vieles achten, das können die Eltern am Anfang allein kaum schaffen.“

Früher wäre es unmöglich gewesen, ein Kind wie Moritz aus der Klinik zu entlassen. Doch für genau solche Fälle gibt es den „Externen Pflegedienst“, einen Verein für häusliche Kinderkrankenpflege. Bereits seit 20 Jahren betreut der in Berlin einmalige Verein kranke Kinder zu Hause, damit sie früher aus dem Krankenhaus entlassen werden können oder gar nicht erst rein müssen. Angefangen hat alles Ende der siebziger Jahre mit Kids, die Diabetes oder Thalassämie, eine seltene Blutkrankheit, hatten. „Diese Kinder mußten damals sowieso so häufig ins Krankenhaus, daß wir ihnen zwischendurch die Möglichkeit geben wollten, möglichst lange zu Hause zu sein“, sagt Stobbe.

Sie ist eine von inzwischen insgesamt zehn Kinderkrankenschwestern, die bei dem Verein arbeiten. Sein Hauptsitz ist auf dem Gelände des Virchow-Klinikums, Stobbe leitet die Zweigstelle des Vereins im Ostteil der Stadt. Ihr Büro ist in der Kinderklinik Lindenhof in der Lichtenberger Gotlindenstraße, das nach Vorstellung des Kieler Krankenhausgutachtens künftig ins Haupthaus des Krankenhaus Lichtenberg umziehen soll.

„Wir können einen Teil der Kinder früher entlassen“, sagt Volker Hesse, der als Chefarzt des Kinderkrankenhauses Lindenhof den Verein nach Lichtenberg geholt hat, „weil wir wissen, daß die Pflege gewährleistet ist.“ Dies sei für Kinder und Eltern von Vorteil und zudem billiger für die Krankenkassen. Doch die Kinderkrankenschwestern pflegen nicht nur Kids aus dem Lindenhof. „Alle Berliner Kinderkliniken und auch niedergelassene Kinderärzte können unsere Krankenpflege verordnen“, so Stobbe. Bezahlt wird die Pflege von den üblichen Kostenträgern, den Kranken- und Pflegekassen sowie den Sozialämtern. Manchmal werden die Krankenschwestern auch eingesetzt, wenn Kinderärzte vermuten, daß aufgrund familiärer oder sozialer Schwierigkeiten die richtige Pflege der Kinder nicht gewährleistet ist. Insgesamt betreut der Verein knapp 500 Kinder pro Jahr.

Von ihrem Büro im Lindenhof kutschiert Stobbe nicht nur durch den gesamten Ostteil der Stadt, einige Westbezirke werden von Krankenschwestern aus beiden Zweigstellen bedient. „Wir leiten Eltern und – wenn sie alt genug sind – auch die Kinder an, damit sie die Pflege selbst übernhemen könne“, beschreibt Stobbe ihre Arbeit. „Wir machen uns quasi selbst überflüssig.“

Moritz muß hochgelagert werden, damit er an seinem Erbrochenen nicht erstickt. Stobbe zeigt der Mutter, wie sie das Kinderbett mit Hilfe von Telefonbüchern in die richtige Schieflage versetzt. Sie sucht für die Eltern eine Apotheke, die die Arzneimittel für den Sohn sofort zubereitet. Sie zeigt, wie man Herzmedikamente verabreicht: „Immer über den Löffel, niemals direkt in den Mund.“ Schließlich könne ein Tropfen zuviel bereits zu Vergiftungen führen. Anfangs kommt Stobbe täglich, wiegt das Kind, überprüft, ob die Sonde noch richtig sitzt und steht in regelmäßigem Kontakt mit dem zuständigen Kinderarzt. „Dann kommen wir seltener,“ sagt sie, „damit die Eltern langsam selbst die ganze Verantwortung übernehmen.“ Sabine am Orde

Externer Pflegedienst im Lindenhof, Telefon: 55185400, im Virchow-Klinikum, Tel.: 45066499